Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2010; 7(3): 176-177
DOI: 10.1055/s-0030-1267864
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Onkologie – Mammakarzinom: Was bringt die SUCCESS-Studie Neues?

W. Janni, J. Salmen
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Publication Date:
04 October 2010 (online)

 

Ziel der Behandlung von Brustkrebs sollte immer eine bessere Verträglichkeit der Therapie sowie eine Minimierung des Rückfallrisikos sein. Genau mit dieser Thematik beschäftigt sich die SUCCESS C-Studie, welche in über 250 Zentren deutschlandweit durchgeführt wird. Leiter dieser Studie ist Herr Prof. Dr. Wolfgang Janni, Direktor der Frauenklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Im Rahmen der SUCCESS C-Studie stehen 3 Hauptfragestellungen im Vordergrund:

Führt die Anwendung anthrazyklinfreier Chemotherapie bei Her-2-/neunegativen Patientinnen zu einer verminderten Rate an Nebenwirkungen, insbesondere zu einer geringeren Kardiotoxizität, bei gleichzeitig unverminderter Wirksamkeit? Kann durch eine Änderung des Lebensstils und moderate Gewichtsabnahme das Rezidivrisiko von Frauen mit Mammakarzinom gesenkt werden? Ist durch den Nachweis von isolierten Tumorzellen im peripheren Blut in Zukunft das Ansprechen auf eine Therapie sowie das Risiko für Rückfälle besser einschätzbar?

Zur Beantwortung dieser Fragen verwendet die Success C-Studie – eine Phase-IIIStudie – ein multizentrisches, prospektives, randomisiertes Design.

Vor Randomisation müssen zunächst die Ein- und Ausschlusskriterien der Studie geprüft werden. Zu den wichtigsten Einschlusskriterien gehören:

Primäres epitheliales invasives Mammakarzinom, pT1–4, pN0–3, M0 Her-2-/neu-negativer Tumor Histologischer Nachweis axillärer Lymphknotenmetastasen pN1–3 oder nodal-negative "High-risk"-Patientinnen, definiert als pT ≥ 2, histopathologisches Grading 3, Alter ≤ 35 oder negativer Hormonrezeptorstatus R0-Resektion des Primärtumors vor maximal 6 Wochen

Die wichtigsten Ausschlusskriterien beinhalten:

inflammatorisches Mammakarzinom vorangegangene oder gleichzeitige Therapie mit anderen zytotoxischen oder antineoplastischen Medikamenten, die nicht Teil dieser Studie sind Zweitmalignom (außer In-situ-Karzinom der Zervix uteri oder adäquat behandeltes Basaliom) Manifeste kardiale Vorschädigung Diabetes mellitus Typ I oder insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ II

Die erste Randomisation entscheidet, ob die Patientin mit 3 Zyklen 5-Fluoruracil, Epirubicin und Cyclophosphamid (FEC)-Chemotherapie, gefolgt von 3 Zyklen Docetaxel behandelt wird, oder ob die Patientin 6 Zyklen Docetaxel-Cyclophosphamid (DC)-Chemotherapie erhält. Die Randomisation in beide Arme erfolgt 1:1 (Abb. [1]). Die Kombination Docetaxel/Cyclophosphamid befindet sich noch in der Erprobung, beide Medikamente finden jedoch bereits als Einzelsubstanzen erfolgreich Anwendung bei der Behandlung des Mammakarzinoms. Die Kombination enthält keine Anthrazykline, von denen man weiß, dass sie mit einer relativ hohen Kardiotoxizität einhergehen. Noch viele Jahre nach der Therapie haben die mit Anthrazyklinen behandelten Patientinnen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Arrhythmien, kardialer Dysfunktion, Thromboembolien, Angina pectoris und arterieller Hypertonie. Gleichzeitig wird von Anthrazyklinen jedoch vermutet, dass ihr Nutzen für Her-2-/neu-negative Patientinnen beschränkt ist. Man darf also hoffen, dass diese alternative Therapie mit weit weniger Nebenwirkungen für die Patientin verbunden ist.

Abb. 1 Studiendesign.

Im Rahmen der zweiten Randomisation wird untersucht, welchen Einfluss das Körpergewicht, Ernährungsfaktoren und körperliche Bewegung auf den Verlauf der Erkrankung haben. In verschiedenen Studien hat sich gezeigt, dass fettreiche Ernährung, Übergewicht und mangelnde körperliche Aktivität Risikofaktoren sowohl für die Entstehung der Erkrankung, als auch für das Wiederauftreten der Erkrankung sind.

Bei der zweiten Randomisation werden Frauen mit einem BMI zwischen 24 und 40 kg/m² berücksichtigt, auch hier erfolgt die Zuteilung zu den beiden Armen im Verhältnis 1:1.

Das Programm für Patientinnen, die eine individuelle Lebensstilintervention bekommen, wurde von Experten des Else Kröner-Fresenius-Instituts für Ernährungsmedizin der technischen Universität München, gemeinsam mit dem Arztpartner almeda GmbH, einem Telekommunikationsunternehmen, spezialisiert auf den medizinischen Bereich, entwikkelt. Patientinnen, welche der Gruppe mit persönlicher Lebensstilintervention zugeordnet werden, bekommen eine 2-jährige persönliche Betreuung, die ihnen dabei helfen soll, Gewicht abzunehmen und sich gesund zu ernähren. Schwerpunkt der Betreuung sind 19-22 Telefonanrufe durch den persönlichen Lebensstilberater. Zudem bekommen die Patientinnen ausführliche Unterlagen, z. B. in Form von Handbüchern, einem Ernährungs- und Bewegungstagebuch, einem Fettzähler sowie Postsendungen mit Informationsmaterial. Bei Fragen und Problemen, die im Zusammenhang mit der Erkrankung oder Therapie auftreten, stehen den Patientinnen weitere Fachpersonen wie Psychoonkologen, Ernährungsmediziner und Experten für gynäkologische Onkologie zur Verfügung.

Durch die Lebensstilintervention soll nicht nur die Prognose der Erkrankung verbessert werden, sie soll auch zu einem besseren Lebensgefühl bei den Patientinnen führen.

Auch Patientinnen, welche der Gruppe ohne Lebensstilintervention zugeordnet wurden, bekommen 2-mal umfangreiche Informationen zu gesunder Lebensführung sowie ein Jahresabonnement des Gesundheits- und Wellnessmagazins "Vital".

In verschiedenen Studien konnte bereits die prognostische Bedeutung zirkulierender Tumorzellen vor und nach Abschluss der adjuvanten Chemotherapie gezeigt werden. Das Vorhandensein zirkulierender Tumorzellen ist ein unabhängiger prognostischer Faktor für ein kürzeres krankheitsfreies Überleben sowie für ein verkürztes Gesamtüberleben bei Patientinnen mit frühem Mammakarzinom.

Teilnehmerinnen der Success C-Studie werden vor Beginn der Chemotherapie, vor dem letzten Zyklus der Chemotherapie, 2 Jahre nach Ende der Chemotherapie sowie beim Auftreten eines evtl. Rezidivs jeweils 20 ml Blut abgenommen, um unter anderem zirkulierende Tumorzellen zu detektieren. Ziel hierbei ist es, durch genetische und andere Analysen neue Wege zu finden, um Patientinnen mit Mammakarzinom eine für sie maßgeschneiderte und maximal wirksame Therapie bieten zu können.

Ein Schwerpunkt liegt in der Identifizierung der besten endokrinen Therapie für postmenopausale, hormonrezeptorpositive Patientinnen, die am Ende der Chemotherapie zirkulierende Tumorzellen im Blut aufweisen. Diese Frauen erhalten eine zusätzliche Randomisation bezüglich der endokrinen Therapie: Die eine Hälfte der Frauen wird zunächst Tamoxifen für 2 Jahre bekommen, gefolgt von einem "Switch" auf Exemestan für 3 Jahre, die andere Hälfte wird über 5 Jahre Exemestan erhalten.

In Deutschland wurde im Februar 2009 die erste Patientin in die Studie eingeschlossen, im Laufe des letzten Jahres konnten immer mehr teilnehmende Zentren initiiert werden. Im Moment sind 203 Zentren für die Studie geöffnet, von denen 146 Zentren rekrutieren (Stand: 26.3.10). Im März 2010 konnte die 1000. Patientin rekrutiert werden (Stand: 30.3.10). Die abgebildete Rekrutierungskurve (Abb. [2]) spiegelt den raschen Anstieg der Patientinnenzahl wieder, so dass das Ziel, innerhalb von 3 Jahren 3547 Patientinnen zu rekrutieren, sehr gut erreicht werden sollte.

Abb. 2 SUCCESS C: Rekrutierungsverlauf (Quelle: http://www.success-studie.de/c/rekrutierung.htm ).

Im Sommer 2009 wurde die Studie mit dem Gütesiegel A der deutschen Krebsgesellschaft ausgezeichnet, welches die herausragende Bedeutung der Studie verdeutlicht.

Erste Ergebnisse zum krankheitsfreien Überleben 2 Jahre nach Abschluss der Chemotherapie unter Berücksichtigung der Lebensstilintervention sind im Juni 2012 zu erwarten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es viele Gründe für eine Teilnahme an der Success C-Studie gibt. Patientinnen haben die große Chance, eine Chemotherapie mit weniger Toxizität bei gleicher Effektivität zu erhalten. Zudem ist die Möglichkeit der Prognoseverbesserung abseits toxischer Medikamente durch die Lebensstilintervention gegeben. Auch wenn nur ein Teil der Patientinnen eine persönliche Lebensstilintervention bekommt, haben alle Teilnehmerinnen die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit.

Zudem ist die Success C-Studie weltweit die erste Studie zur endokrinen Therapieintervention bei postmenopausalen Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Karzinomen auf der Grundlage moderner CTC ( zirkulierende Tumorzellen)-Technologie.

Institutsangabe:
Klinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Frauenklinik

Korrespondierender Autor:
Prof. Dr. med. W. Janni
Klinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Frauenklinik
Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf

Email: Wolfgang.Janni@med.uni-duesseldorf.de

Quelle: Geburtsh Frauenheilk 2010; 70: 330-331