Sprache · Stimme · Gehör 2010; 34(4): 187
DOI: 10.1055/s-0030-1269924
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

CI-Update

CI UpdateA. Leonhardt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Januar 2011 (online)

Die Versorgung von gehörlosen Kleinkindern mit Cochlea Implantaten ist Alltag geworden. Auf die grundsätzliche Frage, ob CI oder nicht, folgten Fragen nach dem geeigneten Implantationsalter sowie nach einseitiger oder bilateraler Implantation und auch danach, wie die an die CI-Versorgung sich anschließende Rehabilitationsphase optimiert bzw. für die Kinder und Eltern gewinnbringender gestaltet werden kann. Aber auch diesen sind bereits wieder weiterführende Fragestellungen gewichen. Dazu gehören beispielsweise: Wie kann ein qualitativ immer besseres Hören und Verstehen erreicht werden? Welche technischen Optimierungen sind am eigentlichen Implantat und am Prozessor möglich? Oder: Wie ist die Reha-Phase bei nichtdeutschen oder mehrsprachigen oder auch bei gehörlosen bzw. hochgradig hörgeschädigten Elternhäusern (die in der Kommunikation mit ihren Kindern mit oder vorzugsweise in Gebärdensprache kommunizieren) zu gestalten?

Parallel zur Erörterung dieser Fragestellungen hat sich die Operationstechnik kontinuierlich verbessert. Auch wurde die Indikation für die CI-Versorgung schrittweise erweitert und die ursprünglich für das Verstehen von Sprache entwickelten Sprachprozessoren sind zu „Sound”-prozessoren geworden. Die CI-Träger von heute erwarten neben einem guten Sprachverstehen auch ein differenziertes Musikhören. Für die Nachsorge haben sich Qualitätsmaßstäbe und Standards etabliert.

Uns war es wichtig, mit dem vorliegenden Heft über aktuelle Trends und Forschungen der CI-Versorgung von Kindern zu informieren, wobei aus Platzgründen nicht allen gegenwärtigen Entwicklungen Raum zur Verfügung gestellt werden konnte. So wird u. a. auf eine Diskussion der Rehabilitation von mit Cochlea Implantat versorgten Kindern gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern zugunsten von Kindern aus Familien mit ausländischer Herkunft, deren Familiensprache nicht deutsch ist, verzichtet. Diese bilden derzeit (und so wird es in naher Zukunft aus rein demografischen Gründen auch bleiben) die umfangreichere Gruppe an der Gesamtbevölkerung und damit auch an Eltern, die für ihr hörgeschädigtes Kind über eine CI-Versorgung nachdenken. Dennoch soll und kann die spezielle Problematik von CI-Kindern hörgeschädigter Elternhäusern nicht außer acht gelassen werden. Gerade dieser Aspekt, der mit einer zunehmenden Akzeptanz des Cochlea Implantates durch eine wachsende Zahl von gehörlosen Erwachsenen einher geht, prägt die aktuelle Debatte. Daher freut es besonders, dass zu dieser speziellen Problematik ein Interview mit dem Philosophen und Ethiker Univ.-Prof. Dr. Anton Leist möglich wurde, der seine Sicht – unbelastet von früheren Diskussionen um die grundsätzlichen Möglichkeiten und Grenzen einer CI-Versorgung – darstellen kann. Durch seine Erörterungen wird es möglich, die eher auf Anwendung orientierte Sicht von Medizin, Pädagogik und Psychologie zu erweitern und zu ergänzen. Aus fachlicher Sicht sei ergänzend zu dieser speziellen Problematik auf aktuelle Publikationen der Universität München oder des Cochlea-Implant-Centrums Schleswig-Kiel verwiesen (u. a. Leonhardt 2008, Leonhardt/Vogel 2009). Einen besonderen Stellenwert nimmt im Rahmen der Publikationen das von einer Autorengruppe unter Leitung von Leonhardt und Vogel mit gehörlosen Eltern von CI-Kindern speziell für Gehörlose und hochgradig Hörgeschädigte erstellte Buch „CI für Kinder” ein. Es wurde in einfacher Sprache und mit vielen veranschaulichenden Bildern erstellt.

Im Schwerpunktheft wird zunächst ein Überblick über aktuelle, medizinische Entwicklungen der CI-Versorgung gegeben. Diese Fortschritte wurden und sind nur möglich durch die sich kontinuierlich erweiternden Erkenntnisse auf dem Gebiet der Hörphysiologie. Diese helfen zahlreiche offene Fragen zu beantworten.

Die Implantat-Versorgung geht einerseits einher mit der gewachsenen Qualität und andererseits aber auch mit dem gestiegenen Anspruch an die Sprach(Sound-)prozessoranpassung. Diese werden im Beitrag, untermauert mit aktuellen Forschungsergebnissen, von Müller-Deile erörtert. Besonderheiten der Sprachentwicklung von CI-Kindern mit Eltern nichtdeutscher Herkunft werden am Beispiel türkischer CI-Kinder differenziert aufgezeigt.

Die rasante Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart auf dem Gebiet der CI-Versorgung von Kindern verdeutlicht der abschließende Beitrag zum Schwerpunkt von Bertram. Was man in den Anfängen – wenn überhaupt – für eine kleine Zahl ausgewählter Kinder für möglich hielt, ist Standard in der frühen Rehabilitation prälingual gehörloser Kinder geworden.

Ergänzt wird, wie oben angemerkt, das Schwerpunktthema durch ein Interview zum viel diskutiertem Thema der CI-Versorgung von Kindern gehörloser und schwerhöriger Eltern.
Neugierig geworden?

Freude am Lesen wünscht
Ihre Annette Leonhardt

Literatur

  • 1 Leonhardt A. Gehörlose Eltern und Kinder mit CI.  Schnecke. 2008;  19 12-15
  • 2 Leonhardt A, Vogel A,. Hrsg. Gehörlose Eltern und CI-Kinder.  Heidelberg: Median. 2009; 

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. habil A. Leonhardt

Ludwig-Maximilians-Univ.

Institut für Präventions-,

Integrations- und

Rehabilitationsforschung

Lehrstuhl für Gehörlosen- und

Schwerhörigenpädagogik

Leopoldstraße 13

80802 München

eMail: leonhardt@lmu.de