Zahnmedizin up2date 2011; 5(2): 147-163
DOI: 10.1055/s-0030-1270729
Oralmedizin

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Antibiotikaeinsatz in der zahnärztlichen Praxis

Emeka Nkenke
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Publication Date:
01 April 2011 (online)

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Einleitung

Antibiotika sind neben den Analgetika die Medikamente, die in der zahnärztlichen Praxis am häufigsten verabreicht werden [[1]]. Ihre Verwendung erfolgt einerseits therapeutisch, um bestehende Entzündungen zu behandeln, andererseits werden Antibiotika prophylaktisch als antiinfektive Maßnahme eingesetzt, um die Gefahr postoperativer Wundinfektionen zu reduzieren (Abb. [1]).

Abb. 1 Antibiotika sind die neben Analgetika am häufigsten verordneten Arzneimittel in der Zahnarztpraxis. Quelle: Thieme Verlagsgruppe; Symbolbild.

Die Antibiotikatherapie zur Behandlung von Entzündungen kann als alleinige Behandlungsmaßnahme dienen, ohne dass sie von einem operativen Eingriff begleitet wird. Die Antibiotikagabe zur Vermeidung von Wundinfektionen im Sinne einer Prophylaxe ist dagegen nur im Zusammenhang mit einem invasiven Eingriff denkbar, der ein Bakteriämierisiko aufweist.

Die Gabe von Antibiotika darf nicht unkritisch erfolgen, da dem erwünschten Effekt der Behandlung von Entzündungen bzw. der Verhinderung von postoperativen Infektionen das Auftreten einer Reihe potenzieller unerwünschter Ereignisse durch die Antibiotikagabe gegenübersteht. Antibiotika erzeugen bei 13 % der Patienten Nebenwirkungen [[2]]. Besonders bei der Verabreichung von Penizillin-Präparaten können allergische Reaktionen verursachen werden. Bei bis zu 10 % der Patienten treten solche Überempfindlichkeitsreaktionen auf [[3]]. Anaphylaktische Reaktionen sind in einer Größenordnung von 4–32/10 000 beschrieben worden [[3], [4]]. Wenn Anaphylaxien auftreten, verlaufen 10 % der Fälle tödlich [[5], [6]].

Definition Anaphylaxie

Die Anaphylaxie ist eine akute, pathologische Reaktion des Immunsystems auf chemische Reize und betrifft den gesamten Organismus. Das Bild anaphylaktischer Reaktionen reicht von leichten Hautreaktionen über Störungen von Organfunktionen bis hin zum Kreislaufschock mit Organversagen.

Die dargestellten Daten zeigen, dass der Nutzen einer Antibiotikatherapie bzw. Antibiotikaprophylaxe gegenüber den allgemeinen Risiken einer Antibiotikagabe sorgfältig abgewogen werden muss. Eine systemische Antibiotikagabe sollte nur dann erwogen werden, wenn sie tatsächlich zu einer Beschleunigung der Ausheilung einer Entzündung bzw. einer Reduktion der postoperativen Infektionen gegenüber dem Verzicht auf eine Antibiotikaverabreichung führt.