Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2011; 1(1): 10-13
DOI: 10.1055/s-0031-1272348
Recht

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Patientenaufklärung bei Jugendlichen

Bettina Rakowitz, Jörg Bossenmayer
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Publication Date:
03 February 2011 (online)

Darf man Minderjährige ohne Einwilligung der Eltern behandeln? Wen muss man aufklären – die Eltern oder das Kind? Und: Wie steht es um die ärztliche Schweigepflicht bei Minderjährigen? Die gesetzlichen Regelungen sind nicht immer eindeutig. Doch es gibt Eckpunkte, an denen sich der behandelnde Arzt orientieren kann. Lesen Sie am Beispiel eines konkreten Falles, worauf Sie achten sollten.

Kernaussagen

  • Patienten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind minderjährig. Das heißt jedoch nicht, dass in jedem Fall nur der gesetzliche Vertreter für den Patienten sprechen darf – dem Minderjährigen steht eventuell zumindest ein Vetorecht zu.

  • Ein Minderjähriger kann unter Umständen durchaus eigenständig in eine ärztliche Behandlung einwilligen. Ob das der Fall ist, müssen Sie als Arzt beurteilen: Wenn Sie Ihrem minderjährigen Patienten zutrauen, die Situation umfassend zu verstehen, dann können Sie ihm auch die Fähigkeit zur Einwilligung zutrauen.

  • Ob einwilligungsfähig oder nicht: Binden Sie den Minderjährigen in das Aufklärungsgespräch ein und berücksichtigen Sie dessen Argumente.

  • Die ärztliche Schweigepflicht gilt grundsätzlich auch gegenüber den Eltern des Minderjährigen! Fragen Sie deshalb nach: Ist der Minderjährige mit der Benachrichtigung der Eltern einverstanden? Dann sind Sorgen wegen einer möglichen Verletzung der Schweigepflicht unbegründet.

  • Dokumentieren Sie den gesamten Ablauf inklusive aller Entscheidungen – einschließlich der zugrunde liegenden Überlegungen.

Weiteres Material zum Artikel

Literaturverzeichnis

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  • 3 § 1, Absatz 2, JGG. 
  • 4 § 1, Absatz 1, JuSchG. 
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  • 14 BGHZ 29, 33, 35 f. 
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  • 16 BGH, Urteil vom 10.10.2006 – AZ: VI ZR 74/05, MedR. 2008: 289-293
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  • 21 § 203, Absatz 1, StGB. 
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  • 23 § 1626 f. BGB. 
  • 24 BGH NJW. 1988;  2946
  • 25 § 1629 BGB. 

1 Alle Namen in diesem Beitrag geändert

Bettina Rakowitz
Jörg Bossenmayer