Der Klinikarzt 2011; 40(1): 15
DOI: 10.1055/s-0031-1272857
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Schock – ein klinisches Syndrom

Peter Sefrin
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Publication Date:
24 January 2011 (online)

Zustände, die unter dem Begriff „Schock“ subsumiert werden, sind keine Erfindung der modernen Medizin. Schon lange gibt es Beschreibungen von Krankheitsbildern, die so bezeichnet werden. So beschreibt 1737 der französische Chirurg Le Dran große Traumen, die als Folge von Schusswunden entstanden sind und mit einer typischen Symptomatik einhergehen, mit dem Begriff „Choc“. 1870 beschreibt Fischer den „Shok“ mit „eigentümlichen und wichtigen Affektionen“ bei einem Patienten, dem die Deichsel von durchgehenden Pferden in den Leib gerammt worden war. In den Kriegsberichten (des deutsch-französischen Krieges) wagt der Chirurg von Bergmann eine Prognose im Hinblick auf die Therapie: „viele Verwundete hätten überlebt, wenn es möglich gewesen wäre, schnell genug den Flüssigkeitsbestand des Körpers aufzufüllen“. Auch Crile in den USA vermutete 1899, dass ein unzureichendes Blutvolumen einen Einfluss auf die Letalität haben könne. Erst nach dem 1. Weltkrieg wurde wissenschaftlich diskutiert, dass ein Kreislaufschock nicht allein durch Hypotension gekennzeichnet ist, sondern es in der Folge durch die konsekutive und andauernde Minderperfusion kritischer Organe und Gewebe zu einer nachfolgenden zellulären Hypoxie kommt.

Der Schock heute ist eine lebensbedrohliche Situation, die nach ihrem Auftreten unmittelbar erkannt und sofort therapiert werden muss. Unter dem Schock versteht man einheitlich eine Kreislaufsituation verursacht durch differente Schädigungen, die zu einer unzureichenden Durchblutung der vor allem vitalen Organe mit nachfolgender hypoxisch metabolischer Schädigung der Zellfunktion führt. Die kritische Abnahme der Durchblutung ist unabhängig von der Ätiologie, wobei heute entsprechend der differenten Genese verschiedene Schockformen unterschieden werden. Je nach Ursache wird unterschieden zwischen hypovolämischem, kardiogenem, anaphylaktischem, septischem, neurogenem und toxischem Schock. In den Beiträgen dieses Heftes werden exemplarisch 4 dieser Schockformen näher beschrieben, wobei die Relevanz für den klinischen Bereich von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die zu ergreifenden Maßnahmen ist. Aus den 4 Formen wird deutlich, dass zwar die Therapie der Endstrecke des Schockgeschehens – der Ausgleich des Missverhältnisses zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot – identisch ist, trotzdem spezielle Therapiekonzepte zum Einsatz kommen müssen. Wegen der Gefährlichkeit dieses Syndroms ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass sich der Klinikarzt nicht nur mit dem Bild eines Schocks auseinander setzt, sondern die entsprechende Konsequenz im Hinblick auf die lebensnotwendige Therapie zu ziehen in der Lage ist.

Prof. Dr. med. Peter Sefrin

Würzburg

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