Klin Padiatr 2011; 223 - V17
DOI: 10.1055/s-0031-1273797

Appendizitis im Kindesalter: Ursachen und Konsequenzen einer verzögerten Diagnosestellung

K Backhaus 1, J Lauer 1, S Grasshoff-Derr 1, A Mastorakis 1, T Meyer 1
  • 1Universitätsklinik für Allgemeine-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg

Einleitung: Eine Vielzahl gastrointestinaler Erkrankungen geht mit Symptomen einher, die oft nur schwer von einer akuten Appendizitis zu unterscheiden sind, so dass auch heute noch die Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis die häufigste Laparotomie-/skopie-Indikation bei Kindern ab dem zweiten Lebensjahr darstellt. Dabei beruht die Indikation hauptsächlich auf Anamnese und klinischer Untersuchung, die beim Kleinkind erschwert sein kann, da sich diagnostische Hilfsmittel sowie Blutbild und Urinstatus nicht immer als zuverlässig erweisen. Material und Methoden: Im Zeitraum von zehn Jahren wurden 1418 Kinder unter der Verdachtsdiagnose einer akuten Appendizitis in unserer Abteilung vorgestellt. Ergebnisse: (1) Bei 1221 der 1418 Kinder (0–18 Jahre) konnten retrospektiv an Hand der Krankenakten Daten zur Einweisungsdiagnose, Untersuchungsmethode und operativer/konservativer Therapie erhoben werden. (2) Von den 1221 eingewiesenen Kindern wurden 505 (41%) operiert. (3) 913 wurden vom Hausarzt (HA) eingewiesen, wovon 331 (36%) operiert wurden, 134 wurden von einer pädiatrischen Fachklinik (PF) eingewiesen, wovon 98 (73%) operiert wurden und 193 stellten sich direkt in unserer chirurgischen Poliklinik (CP) vor, wovon 76 (39%) operiert wurden. (4) Zwar erwies sich die Rate positiver Appendiziten der von einer pädiatrischen Fachklinik überwiesenen Kinder gegenüber den anderen Einweisenden als äußerst hoch, kritisch anzumerken ist jedoch die überdurchschnittlich hohe Rate an Perforationen in dieser Gruppe (PF 22,3% gegenüber HA: 3,7% und CP: 1,0%). (5) Leukozytenzahl und Differentialblutbild konnten auf Grund ihrer schlechten Spezifität nicht zuverlässig als richtungsweisende Parameter herangezogen werden. Schlussfolgerung: Trotz moderner Untersuchungsmethoden kommt es auch heute immer noch zu einer verzögerten Diagnosestellung der akuten Appendizitis. Ziel muss daher eine noch engere Verzahnung von Hausärzten, kinderärztlichen Fachabteilungen und kinderchirurgischen/chirurgischen Fachabteilungen sein.