Klin Padiatr 2011; 223 - P007
DOI: 10.1055/s-0031-1273807

Erfolgreiche Therapie einer schweren Parvovirus-B19-induzierten hyporegeneratorischen Anämie nach Nierentransplantation mit IVIG

R Goldwasser 1, D Kiepe 2, B Höcker 1, P Schnitzler 3, HH Hirsch 4, B Tönshoff 2
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg
  • 2Klinik Kinderheilkunde I, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg
  • 3Hygiene-Institut, Heidelberg
  • 4Div. Molecular Diagnostics, Clinical & Transplantation Virology, Institute for Medical Microbiology, Basel, Schweiz

Problemstellung: Eine Parvovirus-B19 (PVB19)-Infektion bei immunsupprimierten Patienten kann eine chronisch-rezidivierende, hyporegeneratorische Anämie auslösen durch lytische Infektion der Erythroblasten im Knochenmark. Pädiatrische Fälle nach Nierentransplantation (NTx) sind bisher kaum berichtet.

Patient und Ergebnisse: Wir beobachteten einen 14 Jahre alten Jungen, bei dem 9 Jahre nach NTx im Rahmen einer Primärinfektion mit PVB19 eine schwere hyporegeneratorische Anämie auftrat mit Transfusionspflichtigkeit (insgesamt 5 Erythrozytenkonzentrate). Die Infektion ging mit einer extrem hohen Virämie einher (initial 3,4×1011 Viruspartikel/ml Vollblut). In dieser Phase waren keine virusspezifischen IgM- oder IgG-Antikörper nachweisbar. Zunächst wurde die immunsuppressive Therapie mit Sirolimus, MMF und Methylprednisolon reduziert, worauf die Virämie jedoch nur geringgradig rückläufig war (3,6×1010 Viruspartikel/ml Vollblut). Es wurde daher intravenöses Immunglobulin G (IVIG, 0,4g/kg/Tag, insgesamt 4mal) verabreicht, das hohe Konzentrationen neutralisierender PB19-IgG-Antikörper enthält. Zur Vermeidung einer Immunkomplexerkrankung bei sehr hoher Viruslast wurde die Therapie über einen Zeitraum von 9 Tagen gestreckt. Darunter kam es zu einem deutlichen Rückgang der PVB19-Virämie auf 2,7×107 Viruspartikel/ml und zum klinischen Ansprechen mit Normalisierung des Hämoglobins. Im weiteren Verlauf persistierte die PVB19-Virämie auf niedrigerem Niveau (6,7×104/ml) über nunmehr 6 Monate, ohne allerdings zur erneuten Anämie zu führen.

Schlussfolgerung: Eine primäre PVB19-Infektion mit gravierender klinischer Symptomatik kann auch Jahre nach NTx bei relativ niedrig-dosierter immunsuppressiver Therapie auftreten. Als therapeutische Maßnahme ist eine alleinige Reduktion der Immunsuppression nicht ausreichend. IVIG kann die Infektion eindämmen, jedoch PVB19 nicht eliminieren, das wahrscheinlich intrazellulär in den Erythroblasten des Knochenmarks persistiert, die einer IVIG-Therapie nicht zugänglich sind.