Klin Padiatr 2011; 223 - P016
DOI: 10.1055/s-0031-1273817

Molekulargenetisch bisher ungeklärte zystische Nierenerkrankung

K Baumgartner 1, S Weber 1, C Bergmann 2, AM Wingen 1, U Vester 1, R Büscher 1, PF Hoyer 1
  • 1Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde 2, Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 2Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH, Ingelheim

Einleitung: Die Diagnose einer zystischen Nierenerkrankung lässt sich in der Regel durch Klinik, Sonografie und Familienanamnese stellen. Ergänzend kann eine genetische Diagnostik hilfreich sein (u.a. PKHD1 bei ARPKD; PKD1/PKD2 bei ADPKD; HNF1ß bei zystischer Dysplasie; UMOD bei MCKD2 und NPHP1–11 bei Nephronophthise). Wir berichten über eine 2-jährige Patientin, die sich unter der Verdachtsdiagnose einer ARPKD bei uns vorstellte. Kasuistik: Die Patientin wurde als erstes Kind gesunder, konsanguiner Eltern in der 38. SSW nach unauffälliger Schwangerschaft geboren. Postpartal zeigten sich sonografisch bilateral vergrößerte Nieren (>2 SD), eine erhöhte Echogenität und eine aufgehobene kortikomedulläre Differenzierung bei unauffälligem Leberbefund. Auffällig waren grenzwertig erhöhte Blutdruckwerte bei normaler Nierenfunktion. Aufgrund der Klinik und des Sonografiebefundes wurde die Verdachtsdiagnose einer ARPKD präferiert. Nach 2 Jahren zeigen sich normwertige Retentions- und Blutdruckwerte. Das Nierenvolumen liegt im Altersdurchschnitt, weiterhin sind jedoch kleinzystische Veränderungen in beiden Nieren nachweisbar. Es finden sich keine Auffälligkeiten in Leber und Milz. Bei Vater und Mutter sind sonografisch keine Nierenzysten nachweisbar. Bei der genetischen Untersuchung konnten weder Mutationen in PKHD1 noch PKD1, HNF1β und UMOD nachgewiesen werden. Mutationen in NPHP2 und 3 wurden durch eine Haplotypen-Analyse ausgeschlossen. Diskussion: Bei dem negativen Befund der PKHD1-Analyse und dem letztlich ungewöhnlich blandem klinischen Verlauf konnte die Verdachtsdiagnose einer ARPKD nicht aufrechterhalten werden. Die weiterführende genetische Diagnostik für zystische Nierenerkrankungen war bisher nicht wegweisend. Dieser ungewöhnliche Fall wirft die Frage auf, wann genetische Untersuchungen zum Beweis einer vermuteten zystischen Nierenerkrankung durchgeführt werden sollen. Bei phänotypischer Verdachtsdiagnose ist dies für die Familie von erheblicher prognostischer Relevanz.