Gesundheitswesen 2011; 73 - P18
DOI: 10.1055/s-0031-1274467

Impfen im Amt – Anachronismus oder moderne Medizin?

B Joggerst 1, J Käßmann 1, F Ley 1, U Wagner 1
  • 1Gesundheitsamt Karlsruhe

Ziel dieser Veröffentlichung ist es, die Charakteristika der Impfsprechstunde im Gesundheitsamt Karlsruhe darzustellen und den Bedarf einer solchen Sprechstunde zu begründen.

Im Gesundheitsamt Karlsruhe wird an 2 Tagen der Woche eine Impfsprechstunde angeboten. Mit dieser Sprechstunde werden jährlich zwischen 900 und 1000 Menschen erreicht. Cirka zwei Drittel der Besucher kommen wegen einer reisemedizinischen Impfung, die anderen wegen einer Impfung gegen heimische Risiken wie (Schweine-)Grippe, FSME oder Tetanus.

Die Auswertung von 591 Fragebögen zu Reiseimpfungen im Jahr 2009 zeitigte interessante Aspekte:

Die Gelbfieberimpfung war die häufigste Impfung. Für drei Viertel aller Reisenden, die die Impfsprechstunde des Gesundheitsamtes aufsuchten, war diese in ihrem individuellen Impfprogramm eingeschlossen.

Der beliebteste Zielkontinent der Reisenden war Afrika (45%) gefolgt von Südamerika (37%). Die beliebtesten Zielländer waren Brasilien, Peru und Tansania. Reisende innerhalb Europas und in die USA nutzten dagegen die Impfsprechstunde überhaupt nicht.

Reisende kamen im Schnitt 6,35 Wochen vor Abreise zur Impfberatung. Fast 8% traten innerhalb von 7 Tagen nach der Impfberatung ihre Reise an. Dies ist für die beratenden Ärzte eine Herausforderung. Über die Hälfte der Reisen waren zwischen mehr als einer und maximal drei Wochen lang. Wegen einiger Langzeitreisenden betrug die durchschnittliche Reisedauer aber 8,5 Wochen.

Reine Hotelreisen ohne gezielten Kontakt zur heimischen Bevölkerung und gemischte Reisen (Hotel und Rundreise mit gewünschtem Kontakt) waren mit 25% bzw. 20% fast gleich häufig vertreten, ein weiteres Viertel unternahm eine klassische Rucksackreise mit intensiven Begegnungen von Land und Leuten. Aber auch Geschäftsreisende hatten mit 11% und Verwandtschaftsbesuche mit 13% einen relevanten Anteil an Impflingen. Dies erfordert eine differenzierte Beratung und Impfung durch die Ärzte der Impfsprechstunde.

Ein weiterer Schwerpunkt war im Jahr 2009 die Impfung gegen die Schweinegrippe, die in BW subsidiär durch Ärzte der Gesundheitsämter durchgeführt wurde. In Karlsruhe entfielen im Jahr 2009 gut 20% (entspricht 270 Impfungen) auf die Schweinegrippe. Entsprechend ist die Zahl der Impfungen im November mit 250 fast dreimal so hoch wie der monatliche Schnitt von 90 Impfungen. Der Altersdurchschnitt der Impflinge gegen Schweinegrippe lag um knapp 11 Jahre höher als der der Reiseimpflinge.

Ergänzende Tätigkeitsfelder sind telefonische Impfberatung auch für ärztliche Kollegen, die Bearbeitung von Meldungen zu Impfkomplikationen, Impfaktionen bei Ausbruch einer impfpräventablen Erkrankung wie beispielsweise Masern und schließlich Informationsveranstaltungen zu Impfungen in Schulen und anderen Institutionen.

Zusammenfassung und Bewertung

Die Impfsprechstunde des Gesundheitsamtes Karlsruhe wird rege genutzt. Wir halten eine solche Sprechstunde aber nicht nur aufgrund des augenscheinlichen Bedarfes für wichtig, sondern auch um das praktische Impfwissen der Ärzte zu erhalten.

Das Jahr 2009 hat gezeigt, dass im Falle eines Ausbruchs impfpräventabler Erkrankungen wie der Schweinegrippe das Gesundheitsamt eine zentrale Rolle in der Organisation, Durchführung und auch Informationsvermittlung hat. Dies ist nur leistbar, wenn regelmäßige praktische Erfahrungen mit Impfungen erhalten bleiben. So bleibt das Gesundheitsamt auch im Bewusstsein der niedergelassenen Ärzteschaft und der Bevölkerung ein wichtiger Ansprechpartner für Impfungen.