Rofo 2012; 184(5): 406-407
DOI: 10.1055/s-0031-1274849
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pathologie – Virtuelle Autopsie als Alternative zur klassischen Obduktion

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Publikationsdatum:
10. Mai 2012 (online)

Verbesserte diagnostische Möglichkeiten, ein hoher Kostendruck und die zunehmende ablehnende Haltung von Angehörigen sind Gründe für die Abnahme der gerichtsmedizinischen Untersuchungen von gestorbenen Personen. In der Vergleichsstudie von Wichmann et al. stand nun die virtuelle Autopsie mit spezieller Ganzkörper-CT der invasiven Methode kaum nach.

Ann Intern Med 2012; 156: 123–130

Laut den Autoren wies die virtuelle Autopsie mittels Ganzkörper-CT nur bei der Darstellung kardiovaskulärer Prozesse gegenüber der klassischen Obduktion Nachteile auf (Bild: Thieme Verlagsgruppe, Thomas Möller).

Die postmortale Untersuchung von Patienten hat im Wesentlichen 3 Ziele:

die Aufklärung von Todesursachen, die bessere Einsicht in pathophysiologische Prozesse und die Translation des Erkenntniszugewinnes in ein sinnvolleres medizinisches Handeln.

Die virtuelle Autopsie hatte Vor- und Nachteile: kardiovaskuläre Prozesse wurden schlechter, traumatische Prozesse und Fremkörperdiagnosen hingegen besser erkannt.

Wichmann et al. führten bei 47 gestorbenen Intensivpatienten in einer prospektiven Kohortenstudie eine virtuelle und eine klassische Autopsie durch. Die nicht invasive, digitale Untersuchung erfolgte mit einer 3-dimensionalen Multidetektor-CT (MDCT) von Kopf, Hals, Thorax und Abdomen. Zusätzliche Diagnosen wurden nach den Kriterien von Goldmann und Dimopoulos in Major- und Minor-Diagnosen eingeteilt. Major-Status hatten solche, die prämortal die Therapie geändert und möglicherweise zu einem besseren Verlauf beigetragen hätten. Als Minor-Diagnosen wurden Befunde definiert, die nicht in unmittelbarer Beziehung zum Tod des Patienten standen.

Die Patienten waren durchschnittlich 63 Jahre alt, 55,3% waren männlich und die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation betrug 11,1 Tage. Insgesamt wurden 196 prämortale Diagnosen gestellt. Davon bestätigten sich 173 (88%) bei der virtuellen und 183 (93%) bei der klassischen Autopsie. Die MDCT ergab zusätzlich 63 neue Diagnosen (10 Major- und 53 Minor-Diagnosen). Mit der invasiven Methode kamen 75 neue Befunde ans Licht (14 Major- und 61 Minor-Diagnosen). Die lediglich mit der klassischen Obduktion erkannten Major-Erkrankungen waren 2 Pulmonalarterienembolien, 1 septische Arthritis und 1 pulmonal-alveoläre Proteinose.

Von den insgesamt 298 prä- und postmortalen Diagnosen entgingen mittels MDCT 62, wobei es sich überwiegend um kardiovaskuläre / thrombembolische Ereignisse handelte. Mit der klassischen Autopsie wurden 40 Diagnosen nicht gestellt. Darunter waren Rippenfrakturen, Perikardeffusionen und Pneumothoraces. Insbesondere wurden Fremdkörperkomplikationen mithilfe der virtuellen Methode besser erkannt. Dies waren z. B. Fehllagen von Ernährungssonden, zentralen Venenkathetern oder Thoraxdrainagen.

Fazit

Die virtuelle Autopsie mit 3-dimensionaler CT-Bildgebung hatte lediglich für die Darstellung kardiovaskulärer Prozesse Nachteile, so die Autoren. Diese könnten durch postmortale Angiografien zuverlässiger erfasst werden. Hauptvorteile der Untersuchung seien die Nichtinvasivität mit einer wahrscheinlich höheren Zustimmungsrate der Angehörigen und die im Vergleich zur klassischen Autopsie geringeren Kosten.

Dr. Susanne Krome, Melle