Aktuelle Ernährungsmedizin 2011; 36 - P1_1
DOI: 10.1055/s-0031-1276752

Multicenter-Evaluation von Teilnehmern im Seniorenalter an einem ambulanten Gewichtsmanagement-Programm zur Therapie erheblicher Adipositas

A Austel 1, T Ellrott 1
  • 1Institut für Ernährungspsychologie, an der Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany

Einleitung: Ältere Patienten erzielen in Gewichtsreduktionsprogrammen gewöhnlich schlechtere Ergebnisse als jüngere Teilnehmer. Um den therapeutischen Nutzen eines ambulanten interdisziplinären verhaltensbasierten Therapieprogramms mit initialem Einsatz einer Formula-Diät für morbid adipöse Patienten im Seniorenalter realistisch beurteilen zu können, wurden die Daten aller Teilnehmer ab 60 Jahren in einer Intention-to-treat-Analyse (last observation carried forward=LOCF bzw. baseline observation carried forward=BOCF) ausgewertet, die im Zeitraum von 1999–2007 bundesweit am Optifast-52-Programm teilgenommen haben.

Methoden: Die Daten von 807 Teilnehmern ab 60 Jahren, die im Zeitraum von 1999–2007 (8,5 Jahre) in 37 deutschen Zentren das einjährige ambulante Optifast-52-Programm begonnen hatten, wurden inkludiert. Das ambulante Gewichtsmanagement-Programm schließt eine 12-wöchige Formula-Diät sowie eine intensive multiprofessionelle Betreuung durch Ärzte, Psychologen, Ernährungs- und Bewegungsfachkräfte ein. Die Zentren meldeten Patientendaten anonymisiert an eine zentrale Datenbank zur Qualitätssicherung. 66% der Teilnehmer waren Frauen (mittleres Alter bei Therapiebeginn 64 Jahre, mittlerer BMI 39,1kg/m2, mittleres Gewicht 104,3kg, mittlere Waist-to-Height Ratio 0,71), 34% Männer (64 Jahre, 39,7kg/m2, 124,3kg, WHtR 0,75). Körpergewicht, Bauchumfang und Laborparameter wurden regelmäßig im Programmverlauf erhoben.

Ergebnisse: 66% aller Teilnehmerinnen und 60% aller Teilnehmer nahmen bis zum Ende des Programms teil. Die Gewichtsreduktion der Completers betrug im Mittel 16,2kg (Frauen) bzw. 20,4kg (Männer). Die WHtR wurde auf 0,62 bzw. 0,65 reduziert. In der LOCF-Analyse betrug die Gewichtsreduktion 13,0kg bzw. 16,5kg, die WHtR wurde auf 0,65 bzw. 0,68 reduziert. In der BOCF-Simulation (ungünstigste Annahme) betrug die Gewichtsreduktion noch 10,1kg bzw. 11,9kg, die WHtR wurde auf 0,66 bzw. 0,70 reduziert.

Schlussfolgerung: Sowohl in der Completers-Analyse als auch in den verschiedenen ITT-Modi erzielten auch die Teilnehmer im Seniorenalter mit einem interdisziplinären nicht-chirurgischen Gewichtsmanagementprogramm in 12 Monaten hochgradig relevante Gewichtsabnahmen. Damit einher ging ein deutlicher Rückgang der WHtR, die als bester anthropometrischer Indikator für das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko gilt. Dieses Ergebnis gilt für den Durchschnitt aller Therapiestandorte, nicht nur für einzelne Referenzzentren.