Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2011; 5(6): 313
DOI: 10.1055/s-0031-1276959
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychiatrie im Nationalsozialismus: Erinnerung und Verantwortung

Spendenaktion der deutschen Ärzteschaft
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Publication Date:
20 October 2011 (online)

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat im Rahmen ihrer Jahrestagung 2010 in einer Gedenkveranstaltung den Opfern der Psychiatrie im Nationalsozialismus gedacht. Die Fachgesellschaft bat in der Veranstaltung alle Opfer und ihre Angehörigen um Verzeihung für das Unrecht und Leid, das ihnen von deutschen Verbänden und deren Psychiatern in der Zeit des Nationalsozialismus zugefügt wurde. Zudem hat die Fachgesellschaft erklärt, sich aktiv für die Aufklärung der Gräueltaten und für das Gedenken an die Opfer einzusetzen. Denn in die Zeit des Nationalsozialismus fällt das dunkelste Kapitel der Psychiatrie: Mindestens 250 000 psychisch Kranke und Behinderte fielen dem sog. Euthanasieprogramm zum Opfer. Psychiater waren maßgeblich an der Zwangssterilisierung von mehr als 360 000 v. a. psychisch kranken und geistig behinderten Menschen beteiligt. Jüdische und politisch missliebige Psychiater wurden verfolgt und aus Deutschland vertrieben. Aktuell ist dazu eine Text- und Bilddokumentation der Gedenkveranstaltung erschienen.

Über 20 namhafte Verbände der deutschen Ärzteschaft haben am 30. September 2011 in Berlin ihre Spendenaktion „Psychiatrie im Nationalsozialismus – Erinnerung und Verantwortung“ der Öffentlichkeit vorgestellt, darunter Bundesärztekammer und Marburger Bund. Die einzuwerbenden Gelder sollen u. a. für eine Ausstellung verwendet werden, die über den Umgang mit psychisch kranken und geistig behinderten Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus informiert. Diese soll zunächst in der „Stiftung Topographie des Terrors“ in Berlin gezeigt werden, anschließend an verschiedenen Orten in Deutschland und Europa. Daneben sollen umfassende, öffentlich zugängliche Datenbanken entstehen, die die Namen und Schicksale von Opfern, aber auch die Biografien von Tätern enthalten. Damit möchten die beteiligten Verbände über das Leid der Opfer der Psychiatrie im Nationalsozialismus informieren und ihnen ein anhaltendes, würdiges Gedenken schaffen.

Einen zentralen, nationalen Gedenkort für die Opfer der sog. Euthanasie gibt es bislang nicht. Mit dem Spendenaufruf soll auch ein Signal an die Politik gegeben werden, einen würdigen Informations- und Gedenkort für die Opfer der Psychiatrie im Nationalsozialismus an der Berliner Tiergartenstraße 4 zu schaffen. Dort befand sich ab 1940 die Organisationszentrale der nationalsozialistischen Patiententötungen. Derzeit erinnert lediglich eine unscheinbare, in den Boden eingelassene Gedenktafel an die Euthanasieopfer. Dies ist nach Ansicht der DGPPN und der unterstützenden Verbände unangemessen und wird den Opfern nicht gerecht.

Die DGPPN hat zugesagt, im Rahmen einer Spendenaktion unter ihren Mitgliedern und unter der deutschen Ärzteschaft für das Vorhaben einen einmaligen Zuschuss von wenigstens 100 000 Euro zu geben und zusätzlich eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle für die Dauer von 10 Jahren zu finanzieren. Der Initiative der DGPPN haben sich inzwischen zahlreiche ärztliche Organisationen angeschlossen. „Die deutsche Ärzteschaft hat sich erst sehr spät zu der Schuld von Ärzten im Nationalsozialismus bekannt. Ich begrüße deshalb ausdrücklich die Initiative der DGPPN für ein Forschungsprojekt über die Verbrechen der Psychiatrie im Nationalsozialismus. Ich hoffe sehr, dass das Projekt die größtmögliche Unterstützung mittels Spenden erhalten wird“, so der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage http://www.dgppn.de/spendenaufruf. Welche Projekte und in welchem Umfang wir diese realisieren können, hängt auch von Ihrer Spende ab. Unterstützen auch Sie unser Anliegen mit einer Spende!

Frank Schneider, Aachen

Spendenkonto: 5252 bei Sal. Oppenheim, BLZ: 370 302 00, IBAN: DE 82 3703 0200 0000 0052 52, BIC: SOPPDE3KXXX; Stichwort Spendenaufruf