Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2011; 18(2): 89
DOI: 10.1055/s-0031-1277622
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Nachruf – Ehrenmitglied Dietrich Büttner verstorben

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Publication Date:
21 April 2011 (online)

 

Am 17. Januar 2011 ist nach längerer, mit äußerster Contenance ertragener Krankheit unser Ehrenmitglied Prof. Dr. Dr. Dietrich Büttner im Alter von 77 Jahren verstorben.

Mit ihm verliert die Parasitologie und Tropenmedizin in Deutschland einen ihrer meistgeachteten Forscher, Lehrer und Kliniker und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen bedeutenden Onchozerkosefachmann. Das Diplom für Tropenmedizin des Bernhard-Nocht-Instituts (BNI) erwarb der vielseitig Interessierte bereits 1964. Er habilitierte 10 Jahre später im Fachbereich Medizin der Universität Hamburg für Tropenmedizin und Parasitologie und wurde 1983 zum Professor ernannt.

In Berlin geboren und aus einer Juristenfamilie stammend, begann Büttner mit 10 Jahren sein erstes Tagebuch zur Vogelbeobachtung zu führen und war als Folge wenige Jahre später einer der Begründer des Deutschen Jugendbundes für Naturbeobachtung und fleißiger Beringer von Zugvögeln. Zum Abitur nach seinen Plänen befragt, antwortete Büttner, dass er entweder Biologe oder Parasitologe werden wollte, das sei für ihn identisch. Er studierte Biologie und Humanmedizin in Hamburg und Innsbruck. Die Hinwendung zur Humanmedizin erfolgte im Schulalter, als er bei einem Besuch des BNI seine Begeisterung für Elektronenmikroskopie und Virologie spürte. Beeinflusst von Prof. Ernst Horstmann, dem von ihm hochgeschätzten Anatomen im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), erfolgte die Auswahl des Promotionsthemas: Nicht ohne Lächeln berichtete Büttner von seiner Dissertation zur "Arteria metatarsica l. dorsalis des Pferdes". Die Betonung der Morphologie in seiner späteren Arbeit stammt aus dieser Zeit und die Fähigkeit, zusammen mit dem Pathologenpaar Prof. Paul Racz und Dr. Klara Tenner-Racz auch histomorphologische Studien zu betreiben.

Es folgte die Medizinalassistentenzeit in der Gynäkologie, in der Pulmologie in Großhansdorf (die ihn begeisterte) und 5 Monate bei Prof. Werner Mohr im BNI. Büttner wurde 1963 zum Arzt bestallt und promovierte 1967 zum Dr. rer nat. in Zoologie mit einer Arbeit über Theilerien bei R. Schindler, dem damaligen Leiter der veterinärmedizinischen Abteilung des BNI.

Über Hermann Knüttgen gelangten Büttner und sein Altersgenosse Prof. Rolf Garms 1964 in ein Entwicklungshilfeprojekt zur Bekämpfung der Onchozerkose in Guinea. Das war der Anstoß für seine lebenslange Erforschung dieser Geißel Afrikas und seine Liebe zu diesem Kontinent, die er mit seiner Frau Marcelle teilte - als Ärztin ebenfalls in den Tropen tätig.

Büttner ging von 1969 bis 1971 nach Kampala, Uganda, als Dozent an die international geachtete Makerere-Universität. Diese Zeit beschrieb er später als die Schönste in seinem Leben. In den folgenden Jahren war die Arbeit in der Helminthologie am BNI und die Tätigkeit für das Onchozerkose-Eradikations-Programm der WHO Mittelpunkt seines Lebens. Geprägt durch insgesamt 10 Jahre Leben in 7 verschiedenen afrikanischen Ländern war für ihn bis zum Schluss das Engagement junger Menschen zur Lösung von Gesundheitsproblemen in tropischen Ländern besonders wichtig. So hat er es selbst in einem Brief an die Mitarbeiter des BNI wenige Monate vor seinem Tod formuliert.

Zwischen 1973 und 2000 betreute Büttner 42 Doktoranden und verfasste als Autor oder Koautor etwa 165 Publikationen, immer sorgsam darauf bedacht, sich nicht mit fremden Federn zu schmücken. Die für ihn so wichtige und mit didaktischer Verve wahrgenommene umfangreiche Lehrtätigkeit vor allem im Diplomkurs Tropenmedizin hat Generationen von jungen Ärzten für die Parasitologie begeistert und bei vielen von uns das Interesse an "den Würmern" und ihrer Biologie geweckt. Seine oft auf Reisen gewonnenen Bilder zur Ökologie, Epidemiologie und Übertragung von Wurmkrankheiten illustrierten seine Vorlesungen in besonderer Weise. Mit großer Liebe und Geduld stellte Büttner seine Vorlesungsfolien zusammen - immer die Zusammenschau von Parasitologie, Ökologie, Klinik und Histomorphologie im Blick.

Helminthen waren für Büttner langlebige, eigenständige und "charaktervolle" Lebewesen mit besonderen Eigenschaften, die sie von Viren, Protozoen und Bakterien abheben. Die Entdeckung der auch therapeutisch nutzbaren Symbiose zwischen Filarien und Wolbachien hat ihn begeistert. Von der Isolierung therapeutisch einsetzbarer Substanzen aus Helminthen erhoffte sich Büttner neue Behandlungsoptionen in der Humanmedizin.

Sein sehr kritischer, abwägender und systematischer Geist sowie sein immer kollegialer Gesprächsstil haben ihn zu einem außerordentlich wichtigen Partner und Lehrer insbesondere auch der zu seiner Zeit jüngeren Kliniker am BNI gemacht. Wissenschaftliche Publikationen, Buchbeiträge und Vorlesungen hat er aufmerksam begleitet, oft mit kritischen Anmerkungen oder Vorschlägen versehen, und immer uneigennützig gefördert. Die Weitergabe seiner Vorlesungsmaterialien vor seinem Tod an uns Jüngere geschah in diesem Geist. Er wird uns sehr fehlen.

Dr. Hinrich Sudeck