Endo-Praxis 2011; 27(2): 53
DOI: 10.1055/s-0031-1278232
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zukunft der gastroenterologischen Endoskopie – die nächste Generation

S. Rossol
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Publication Date:
18 May 2011 (online)

Lohnt es sich, über die Zukunft der Endoskopie nachzudenken, wenn wir doch schon seit über 30 Jahren mit zwar verfeinerten, aber doch im Grunde gleichen Methoden untersuchen?

Es lohnt sich nicht nur, sondern ist für die Existenz der Endoskopieabteilungen mehr als relevant!

Immer noch wird „geschoben und geschient“, immer noch benötigen wir Minuten für Biopsien durch meterlange Arbeitskanäle (eine Mühsal bei chronischen Darmerkrankungen oder auch Mapping-Biopsien). Wird dies auch in 15 Jahren noch die Realität sein oder sind irgendwo grundlegende Durchbrüche zu erwarten?

Die aktuelle Diagnostik mit flexiblen Endoskopen wird an Bedeutung verlieren. Die moderne Schnittbildgebung wird leistungsfähiger und die heutige Koloskopie zu Screeningzwecken wird z.B. durch die virtuelle Koloskopie abgelöst. Die therapeutisch-interventionelle Endoskopie wird immer mehr dominieren und an Terrain gewinnen. Screening erfolgt zukünftig immer mehr in ambulanten Bereichen, die endoskopische Intervention und Therapie konzentriert sich auf Zentren.

Alle Prognosen hierzu sind aber schwierig und ein „Wetten auf die Zukunft“ muss trotz aller Unsicherheiten eine realistische Basis aufweisen. Wie sehen diese Grundlagen aus, welche Methoden werden die Sieger und Verlierer sein?

Zusätzlich muss bedacht werden, dass es in Zukunft andere Patientengruppen geben wird und endoskopische oder alternative Methoden sich ggf. auch von Land zu Land unterschiedlich durchsetzen oder durch einen Marktdruck bestimmt werden. An den Anforderungsprofilen wird sich aber wenig ändern: Sicherheit, Schonung, Effektivität, Schnelligkeit, Risikoarmut und letztendlich vertretbare Ökonomie sind zu fordern.

Welche Kandidaten lohnt es sich zu bewerten? Eine Technologie ist die Kapselendoskopie. Vor Jahren als Innovation gepriesen, dauerte die Etablierung des rein diagnostischen Verfahrens sehr lange. Sie hat aber den Vorteil, vor der Ballonendoskopie den Dünndarm „entdeckt“ zu haben. Eine Zukunft gibt es für die Methode jedoch nur bei einer Brückenbildung hin zum therapeutischen, steuerbaren und zur Histologie fähigen Verfahren. Erst dann kann die Kapsel in verschiedenen Darmabschnitten auch in präventiven Settings genutzt werden. Die Steuerung der Methode von einer Konsole aus wäre eine Option für die Zukunft. Die Auswertung könnte vollautomatisch rechnergestützt erfolgen.

Parallel konkurrierende Methoden wie die virtuelle Endoskopie mit CT oder MRT werden trotz aller momentanen Nachteile schon aus Marktgründen weiter an Bedeutung gewinnen, zumindest was Screeningmaßnahmen angeht.

Die In-vivo-Histologie zur endoskopischen Diagnostik mittels der Endomikroskopie ist ein weiteres zukunftsträchtiges Verfahren. Biologische Vorgänge während der Untersuchung sichtbar zu machen und zu quantifizieren, biete ein hohes Entwicklungspotenzial. Das bedeutet aber auch ein völlig neues Anforderungsprofil für den Untersucher.

Durch die Miniaturisierung der endoskopisch möglichen Therapieverfahren (z.B. Operation über natürliche Körperöffnungen–NOTES) wird die Schnittstelle, man kann auch sagen, der Konflikt mit der Viszeralchirurgie neu definiert und muss „belebt“ werden. Dies bedeutet enorme Chancen für die operative Viszeralmedizin.

Zuletzt benötigt auch die simple optische Präsentation des untersuchten gastrointestinalen Bereichs eine deutliche Verbesserung: das Endoskopiebild und das korrespondierende Gewebeareal müssen optimal präsentiert werden. Patientenvorbereitung und Gewebereinigung müssen automatisiert und dürfen nicht mehr individuelles Charakteristikum sein.

Moderne Endoskopieabteilungen werden dann ihre Zukunft aktiv und erfolgreich gestalten können, wenn neben der eigenen Expertise auch die Nachbarfelder intensiv beobachtet und ggf. über Kooperationen parallele Entwicklungen begleitet und bewertet werden.

Prof. Dr. med. S. Rossol

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DOI www.dx.doi.org/10.1055/s-0031-1278232

Endo-Praxis 2011; 27: 53

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