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DOI: 10.1055/s-0031-1280115
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Legionellen in Dentaleinheiten – Infektionsrisiko für Patienten und Personal?
Publication History
Publication Date:
31 August 2011 (online)
Einleitung
Nach einem Treffen der „American Legion“, einer Organisation von Kriegsveteranen der US-Armee im Jahr 1976 traten bei mehr als 200 der 4500 Teilnehmer schwere Infektionen der Atemwege, vor allem Lungenentzündungen auf. Über 30 Teilnehmer starben [1]. Hierauf beruht der Name dieser speziellen Atemweginfektion, der Legionärskrankheit (engl. Legionnaires’ disease). Im Folgejahr gelang es, Bakterien als Verursacher zu identifizieren [2]. Hierbei wurde eine Technik zum Nachweis von Rickettsien benutzt. Es wurde eine Suspension des Lungengewebes der verstorbenen Patienten intraperitoneal in Meerschweinchen injiziert, aus diesen die Milz entnommen und eine Suspension im Dottersack von Hühnereiern vermehrt. Später wurde diese Suspension auf verschiedene künstliche Nährböden aufgebracht und nach intensiven Versuchen die Kultivierung der Legionellen ermöglicht. Diese Bakterien werden seither Legionellen genannt.
Sie sind typische Feuchtkeime, die sich in Wasser vermehren. Infektionsquelle im Jahre 1976 waren Aerosole aus dem kontaminierten Kühlwasser der Klimaanlage des Hotels. Interessanterweise ereignete sich zwei Jahre vorher ein kleinerer Ausbruch im gleichen Hotel, der zu dieser Zeit jedoch nicht aufgeklärt werden konnte. Legionellen finden sich aber auch im Wasser von Warmwasserversorgungssystemen, Warmsprudelbecken, Rückkühlwerken sowie Dentaleinheiten (Tab. [1]).
Tabelle 1 Vorkommen von Legionellen – identifizierte Infektionsquellen. Frequenz mögliche Infektionsquelle häufig Warmwassersysteme in der häuslichen Umgebung, in Hotels, Bädern, im Krankenhaus, etc. Rückkühlwerke (mit Ventilatoren zwangsbelüftete Verdunstungsrückkühlwerke, in denen Kühlwasser offen versprüht wird) Whirl Pools (Warmsprudelbecken) selten Thermalbäder Befeuchter für Lebensmittel in Gaststätten und Supermärkten Inhalatoren Zimmer-/Zierspringbrunnen Geburtswannen Magenspülsonde/transösophageale Echosonde, kontaminiert mit Leitungswasser Leitungswasser zum Spülen von Wunden Baugruben bei Kabelverlegearbeiten Straßenbaumaschinen (noch) nicht bestätigt Dentaleinheiten Autowaschanlagen Scheibenwischeranlage von Autos Gewächshäuser
Das Wasser zahlreicher Dentaleinheiten ist trotz vielfältiger Bestrebungen zur Dekontamination bis heute mikrobiell kontaminiert. Nur vereinzelt stammen diese Mikroorganismen aus der Mundhöhle des Patienten und werden über die Kanäle der Übertragungsinstrumente in die Wasserleitungen von Dentaleinheiten rückgesaugt. Die meisten aus dem Kühl- und Spülwasser von Dentaleinheiten isolierten Mikroorganismen werden aus der zentralen Wasserversorgung in die Dentaleinheit eingeschleppt. Das ist auch bei Legionellen der Fall. Trinkwasser ist keimarm, aber es ist nicht frei von Mikroorganismen. In geringen Keimzahlen erfolgt die Kontamination, an die sich eine unter Umständen gravierende Vermehrung in den Wasserleitungen anschließt.
Aus den Wasserleitungen von Dentaleinheiten werden unterschiedliche Bakterien, Hefen, Schimmelpilze sowie auch Amöben isoliert. Von besonderer Bedeutung sind jene Kontaminanten, die fakultativ pathogen sind (Tab. [2]).
Tabelle 2 Fakultativ pathogene Mikroorganismen in Dentaleinheiten. Erreger Art der Infektion Legionella-Spezies Legionellose: Legionärskrankheit (Legionella-Pneumonie); Pontiac-Fieber (respiratorischer Infekt) Mycobacterium avium atypische Pneumonie Pseudomonas aeruginosa Pneumonie/Wundinfektion Burkholderia cepacia Pneumonie/Wundinfektion Staphylococcus aureus Wundinfektion Cryptosporidium spp. chronischer Durchfall bei immunsupprimierten Patienten
Über direkten Kontakt und Aerosole, beispielsweise beim Einsatz rotierender Instrumente, ist es unvermeidbar, dass die Mikroorganismen (darunter auch Legionellen) von Patienten und zahnmedizinischem Personal mit der Atemluft inhaliert werden. Die Gefahr von Legionella-Infektionen ist daher vor allem bei immunsupprimierten Patienten nicht auszuschließen.
Sind Patient und Behandler gesund, scheint das Risiko einer Erkrankung infolge Kontamination des Kühl- und Spülwassers gering zu sein, sofern es sich nicht um eine massive Kontamination mit Legionella spp. handelt. Trotzdem sehen es die Grundsätze der Infektionsprävention vor, ausschließlich mikrobiologisch unbedenkliches Wasser zu verwenden, weil dadurch das Risiko eventueller gesundheitlicher Schäden verringert wird [3]. Das trifft vor allem auf Patienten zu, bei denen durch eingeschränkte Immunabwehr die lnfektionsanfälligkeit erhöht ist. Die Durchführung routinemäßiger Untersuchungen zur mikrobiellen Kontamination des Wassers von Dentaleinheiten ist in Deutschland gegenwärtig empfohlen [3].
Merke: Eine Koloniezahl von ≤ 100 koloniebildenden Einheiten (KBE)/ml wird angestrebt. Das ist Trinkwasserqualität, die sich für eine sichere Wasserversorgung der Bevölkerung in Deutschland seit Jahrzehnten bewährt hat.
In den USA haben die Centers for Disease Control and Prevention in Übereinstimmung mit der American Dental Association Koloniezahlen von ≤ 200 KBE/ml vorgeschlagen [4]. Allerdings besteht für die Wirksamkeit dieser Untersuchungen und die geforderten Koloniezahlen zur Prävention von Infektionen bei zahnmedizinischen Behandlungen derzeit keine wissenschaftliche Evidenz (Kategorie-III-Empfehlung).
Gesichert ist dagegen, dass die Feststellung sowie der Verdacht auf eine Legionella-Infektion bei einem Patienten oder Mitarbeitern der Praxis immer eine sofortige Untersuchung von Wassersystemen im häuslichen und beruflichen Umfeld zur Konsequenz haben muss [5].
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PD Dr. Lutz Jatzwauk
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