tk 2011; 7(3): 74-75
DOI: 10.1055/s-0031-1280607
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Die 10 häufigsten Fehler in der Ernährung von Absetzwelpen vermeiden

Claudia Rade
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Publication Date:
24 October 2011 (online)

Die Entwöhnung von der Muttermilch mit der endgültigen Umstellung der Ernährung ist neben der Trennung von Mutter und Geschwistern sowie dem Umzug in eine neue Umgebung ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor im Welpenleben. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie die 10 häufigsten Fehler in dieser sensiblen Lebensphase des Welpen vermieden werden können.

Kein Futterwechsel zum Zeitpunkt des Absetzens. Wird der Welpe im Alter von ca. 8 Wochen abgegeben, sollten das Futter und die Fütterungstechnik in den ersten 1-2 Wochen von den neuen Besitzern beibehalten werden (entsprechende Futtermenge am besten vom Züchter mitnehmen). Anschließend kann die Fütterung langsam (innerhalb von etwa 2 Wochen) umgestellt werden. Um Verdauungsstörungen zu vermeiden, ist es ratsam, in den ersten Tagen nach dem Umzug ins neue Zuhause eher knapp zu füttern und die Futtermenge allmählich entsprechend dem Bedarf zu steigern. Optimale, nicht maximale Zuwachsraten. Welpen sollen so gefüttert werden, dass sie langsam und gesund groß werden. Die maximal zu erzielende Wachstumsrate entspricht nicht der optimalen (für langfristige Gesundheit und Langlebigkeit). Nehmen die Welpen aufgrund einer zu hohen Energiezufuhr zu schnell an Gewicht zu, werden die noch unreifen Gelenke überlastet und das Risiko für Erkrankungen des Bewegungsapparates steigt. Häufig sehen zu schnell gewachsene Welpen keineswegs dick aus, sondern sind lediglich zu groß und zu schwer für ihr Alter. Es empfiehlt sich daher, den Welpen regelmäßig (wöchentlich) zu wiegen und das Gewicht mit der für die Rasse passenden Wachstumskurve zu vergleichen. Keine Fütterung ad libitum. In der Regel sind die kommerziellen Futtermittel hochschmackhaft, was eine schnelle Aufnahme großer Futtermengen begünstigt, wenn der Welpe Futter jederzeit in beliebiger Menge zur Verfügung hat. Zum anderen zeigen viele aktive Welpen ein gieriges Futteraufnahmeverhalten und hören keineswegs auf zu fressen, wenn ihr Energiebedarf gedeckt ist. Eine Überladung des Magen-Darm-Traktes kann zu Verdauungsstörungen führen und ist eine häufige Ursache unkomplizierter Durchfälle. Es empfiehlt sich eine restriktive Fütterung mit genau abgewogenen Tagesfuttermengen, die im ersten Lebenshalbjahr auf 4 Mahlzeiten täglich verteilt werden. Feste Fütterungszeiten tragen zu einer optimalen Verdauung bei und strukturieren den Tagesablauf des Welpen. Herstellerempfehlungen sind nicht zwingend einzuhalten. Hundehalter meinen häufig, die auf dem Futtersack stehenden Mengenangaben für die Tagesration seien grammgenau einzuhalten, und sind besorgt, wenn ihr Welpe diese nicht komplett frisst. Es handelt sich bei den empfohlenen Tagesrationen jedoch nur um Orientierungswerte, die um bis zu 30% vom tatsächlichen Bedarf des Welpen abweichen können. Keineswegs sollte der Welpe - z.B. durch Fütterung aus der Hand oder das Untermischen von Leberwurst - dazu „überredet“ werden, mehr Futter aufzunehmen als er freiwillig will. Entscheidend ist die Gewichtsentwicklung des Welpen, die der Wachstumskurve entsprechen sollte. Nicht zuviel Abwechslung auf dem Speiseplan. Hundehalter machen sich schnell Sorgen um die Gesundheit ihres Welpen, wenn er sein Futter einmal nicht ganz so begeistert frisst. Sie neigen dann dazu, ständig die Futtersorte zu wechseln oder mit Zugaben ihrer eigenen Lebensmittel zu experimentieren. Die Mischung von schmackhaften Ergänzungen unter das Alleinfutter ist nicht nur unnötig, sondern gefährdet auch die Ausgewogenheit der gesamten Nährstoffversorgung. Außerdem enthalten solche Zugaben zumeist jede Menge Extrakalorien. Ständig neue Futtervarianten anzubieten, fördert zudem ein mäkeliges, „verwöhntes“ Fressverhalten. Nicht zu viele Leckerchen. Futterbelohnungen sind bei der Erziehung von Hundewelpen wichtig, sie sollten aber nicht mehr als 5-10% der täglichen Energiezufuhr ausmachen. Vorteilhaft sind daher möglichst kleine „Leckerchen“ (z.B. der Trainingssnack „Educ“ von Royal Canin mit ca. 3 kcal/Stück), damit man häufig belohnen kann, ohne den o.g. Richtwert zu überschreiten. Keine Nahrungsergänzungen. Werden die Welpen nach dem Absetzen auf ein ausgewogenes Alleinfutter für wachsende Hunde umgestellt, sind sie mit Energie und allen Nährstoffen, die sie brauchen, versorgt. Die zusätzliche Verabreichung von Vitaminpräparaten oder Welpenkalk ist nicht notwendig, und kann die Nährstoffbilanz der Ration ins Ungleichgewicht bringen, was schädliche Folgen für die Entwicklung, speziell des Skelettsystems, haben kann. Insbesondere Kalzium, Vitamin D und Vitamin A im Übermaß sind zu vermeiden. Keine selbstzubereiteten Rationen ohne passende Nährstoffergänzung. Welpen, die eine fleischorientierte Futterration ohne das passende Mineralfutter erhalten, laufen Gefahr, am „all-meat-Syndrom“ zu erkranken. Dabei handelt es sich um eine Überfunktion der Nebenschilddrüse als Reaktion auf eine zu geringe Kalzium-Aufnahme. Das Problem tritt vor allem bei Welpen vom Absetzen bis zum 6. Monat auf. Rationen die überwiegend aus Fleisch bestehen und von unerfahrenen Hundehaltern oft als „das Beste für den Hund“ erachtet werden, zeichnen sich durch einen zu geringen Kalziumgehalt und ein „verkehrtes“ Ca:P-Verhältnis (mehr Phosphor als Kalzium) aus. Die Folgen beim wachsenden Junghund sind Störungen der Skelettentwicklung mit Lahmheit, Bewegungsunlust sowie Druck- und Schmerzempfindlichkeit der langen Röhrenknochen. Die diätetische Therapie besteht in einer sofortigen Umstellung auf ein ausgewogenes (kommerzielles) Welpenfutter. Es kann 4-8 Wochen dauern, bis die diätetische Korrektur wirkt (durch Röntgenaufnahmen der Knochen nachweisbar). Futternapf nicht während der Mahlzeit wegnehmen. Um die Rangordnung zu festigen und dem Welpen zu zeigen, wer „der Chef im Ring ist“, nehmen manche Tierhalter dem Welpen regelmäßig das Futter während der Mahlzeit weg und erwarten, dass er sich dies brav gefallen lässt. Futter ist aber eine lebenswichtige Ressource, und der Welpe lernt so im ungünstigsten Fall nur, dass er aufpassen und sein Futter ggf. verteidigen muss. Der Tierhalter provoziert also genau das Verhalten, was er vermeiden wollte. Die Rangordnung sollte nicht über das Futter gefestigt werden und der Welpe sollte beim Fressen seine Ruhe haben und dies am besten unbeobachtet vom Besitzer tun können. Welpen nicht unbeaufsichtigt Dinge aus ihrer Umgebung fressen lassen. Vergiftungen und Fremdkörper-OPs sind typische Welpen- und Junghunde-Notfälle in der Tierarztpraxis. Denn Welpen erkunden genau wie menschliche Säuglinge ihre Umwelt auf oralem Wege mit dem Maul. Die Umgebung der Welpen muss also „kindersicher“ sein, was z.B. Giftpflanzen, Rattenköder und Chemikalien angeht. Draußen müssen die Welpen so gut unter Kontrolle (ggf. an der Leine) sein, dass sie nicht unbeobachtet schädliche Materialien aufnehmen können.

Fazit

Absetzwelpen benötigen eine energiedichte, hochverdauliche Nahrung mit einem für Hunde im Wachstum geeigneten Nährstoffprofil. Ein ausgewogenes Alleinfutter für Welpen ist eine gute Basis, die keine weiteren Ergänzungen erfordert. Leckerli, die zu Erziehungszwecken verwendet werden, sollten nicht mehr als 5-10% der Tagesration ausmachen. Die vom Züchter bisher verabreichte Fütterung noch 1-2 Wochen nach dem Umzug ins neue Zuhause beizubehalten minimiert den (Umstellungs-) Stress für den Welpen. Absetzwelpen sollten in Ruhe und unbeobachtet fressen können und etwa 4 Mahlzeiten pro Tag zu festen Zeiten erhalten. Häufige Futterwechsel sind aus erzieherischen Gründen und im Sinne der Verdauungssicherheit zu vermeiden.

Online zu finden unter

http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1280607

Dr. Claudia Rade



Fachtierärztin für Tierernährung und

Diätetik, Royal Canin Tiernahrung GmbH

Hohenstaufenring 47-51, 50674 Köln