Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2011; 1(3): 162-166
DOI: 10.1055/s-0031-1281449
Kommunikation

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Muslimische Patienten: Bedürfnisse erkennen und respektieren

Julia Rojahn
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Publikationsdatum:
28. Juni 2011 (online)

In Deutschland leben etwa 4 Mio. Muslime. Klar ist: Es gibt nicht „den“ muslimischen Patienten. Daher gelten hier grundsätzlich die gleichen Regeln wie für jede ärztliche Behandlung. Doch es gibt einige typische Bedürfnisse, die von muslimischen Patienten häufiger geäußert werden als von Nicht-Muslimen. Lesen Sie, worauf Sie im Klinikalltag achten sollten.

Kernaussagen

  • Akzeptieren Sie das oft starke Schamgefühl des Patienten – im Gespräch und bei der Untersuchung.

  • Halten Sie einfache Hilfsmittel zur Verständigung wie anatomische Schautafeln und Wörterbücher bereit.

  • Begleitende Familienangehörige sind oft eine wichtige Unterstützung, aber nicht immer geeignete Übersetzer.

  • Ziehen Sie für schwierige Gespräche neutrale, professionelle Dolmetscher hinzu.

  • Weisen Sie Patienten auf organisatorische Angebote Ihrer Klinik hin, z. B.

    • Speisen ohne Schweinefleisch,

    • Dolmetscherdienste,

    • Besuchszimmer,

    • Gebetsräume oder

    • Kontakt zu Moscheegemeinden.

  • Falls der Patient dies selbst wünscht:

    • Beziehen Sie die Angehörigen in Gespräche und Entscheidungen ein, und

    • überbringen Sie infauste Prognosen evtl. zunächst den Angehörigen und überlegen mit ihnen gemeinsam, was Sie dem Patienten sagen (müssen).

Weiteres Material zum Artikel

Literatur

  • 1 Becker SA, Wunderer E, Schultz-Gambard J. Muslimische Patienten – Ein Leitfaden zur interkulturellen Verständigung in Krankenhaus und Praxis. Aufl. München: W. Zuckschwerdt; 2001. 2
  • 2 Borde T. Das Gespräch mit Migranten und die interkulturelle Kommunikation. In: Langer T, Schnell MW, Hrsg. Das Arzt-Patient Patient-Arzt-Gespräch. München: Marseille; 2009: 121-133
  • 3 Klenger F. Gesundheitsverständnis von Migranten beachten.  Ergopraxis. 2009;  2 26-29
  • 4 Akbari A. Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen im psychiatrisch-pflegerischen Alltag.  Psych Pflege. 2008;  14 90-98
  • 5 Ilkiliç I. Begegnung und Umgang mit muslimischen Patienten – Eine Handreichung für die Gesundheitsberufe. Aufl. Bochum: Zentrum für Medizinische Ethik; 2005. 5
  • 6 Kahraman B, Abdallah-Steinkopff B. Same same but different – Kultursensible Verhaltenstherapie mit MigrantInnen.  Psychotherapie im Dialog. 2010;  4 306-312
  • 7 Knipper M, Bilgin Y. Migration und Gesundheit. Sankt Augustin: Konrad-Adenauer-Stiftung; 2009
  • 8 Cerda-Hegerl P. Interkulturelle Aspekte in der medizinischen Versorgung nichtdokumentierter Migranten.  Psychother Psych Med. 2008;  58 136-145
  • 9 Haug S, Müssig S, Stichs A. Muslimisches Leben in Deutschland. Studie im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; 2009

Julia Rojahn