Klin Monbl Augenheilkd 2012; 229(7): 735-744
DOI: 10.1055/s-0031-1282035
Offene Korrespondenz
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Ende der „demokratischen Augenheilkunde“ im Deutschen Reich (1928–1933)

The End of the “Democratic Ophthalmology” in the German Empire (1928–1933)
J. M. Rohrbach
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Publication History

20 October 2011

26 November 2011

Publication Date:
01 February 2012 (online)

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Der politische Wandel, der mit dem Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik einherging, und die Folgen des 1. Weltkrieges veränderten die Augenheilkunde im Deutschen Reich nach 1918, wenngleich personell und wissenschafts-thematisch weitgehende Kontinuität bewahrt wurde [1]. Die Auswirkungen der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers (1889 – 1945) am 30.1.1933, zu welcher es ohne seine im 1. Weltkrieg erlittene Augenverletzung möglicherweise gar nicht erst gekommen wäre [2], auf die deutsche Ophthalmologie waren ungleich stärker. Sie bestanden vor allem in der Verfolgung und Vertreibung jüdischer Kollegen, in der Unterordnung des Individuums und damit auch des Patienten unter das Wohl des „Volkskörpers“, in dem Versuch, den „genetischen Pool“ des Volkes durch (Zwangs-)Sterilisationen und Euthanasie zu verbessern, sowie schließlich in der Besetzung einflussreicher Positionen „nach Parteibuch“ [3] [4] [5]. Nach den heutigen Erkenntnissen muss man davon ausgehen, dass dem NS-Regime seitens der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), ja seitens der Augenärzteschaft insgesamt zumindest bis 1938 weit überwiegend mit Sympathie begegnet wurde [3] [5] [6] [7]. Ob und inwieweit sich am Ende der Weimarer Republik (1928 – 1933) auf unserem Fachgebiet Entwicklungen abzeichneten, die 1933 den nahtlosen Übergang von der „demokratischen“ zur „nationalsozialistischen Augenheilkunde“ ermöglichten, soll Gegenstand der folgenden Erörterungen sein.