Gesundheitswesen 2011; 73 - A244
DOI: 10.1055/s-0031-1283441

Analyse der ambulanten Versorgung von Hypertonikern mithilfe von GKV-Routinedaten

S Eberhard 1, M Schönermark 1
  • 1MHH, Hannover

Einleitung/Hintergrund: GKV-Routinedaten rücken zunehmend in den Fokus der Versorgungsforschung. Dabei ist oft noch unklar, wo Chancen, aber auch wo Grenzen von Krankenkassendaten liegen. Hypertonie stellt die häufigste Diagnose in Allgemeinarztpraxen dar, bei ihrer Versorgung wird ein hoher Anteil an Über-, Unter- oder Fehlversorgung konstatiert. Am Beispiel der Hypertonie wurde daher untersucht, welche Erkenntnisse sich aus GKV-Routinedaten hinsichtlich der Versorgungslage von Bluthochdruckpatienten gewinnen lassen. Methoden: Die in GKV-Daten verfügbaren Merkmale wurden mithilfe von Literaturrecherche und Befragungen bewertet und den für die Abbildung von Versorgungsaspekten benötigten Informationen gegenübergestellt. Hieraus wurden Indikatoren abgeleitet und im Anschluss Routinedaten von Hypertonie-Patienten der AOK-Niedersachsen in Form einer Querschnittsstudie ausgewertet (n=554.276). Versichertenmerkmale wurden über ein Pseudonym patientenbezogen mit Arzneimitteldaten und Diagnosedaten verknüpft, die statistische Analyse umfasste deskriptive und explorative Verfahren. Ergebnisse: Die Diagnosehäufigkeit der Hypertonie lag bei Frauen ab 55 Jahren im Bereich der erwarteten Prävalenz, insbesondere bei jüngeren Männern zeigte sich jedoch eine Diskrepanz zwischen erwarteter und entdeckter Prävalenz. Etwa zwei Drittel der medikamentös behandelten Hypertoniker erhielten eine Kombinationstherapie. Die Auswahl der antihypertensiven Wirkstoffklassen unterschied sich nach Geschlecht, Alter und Einkommen der Patienten. ACE-Hemmer, gefolgt von Betablockern und Diuretika, wurden insgesamt am häufigsten eingesetzt. Nur ein Teil der Patienten mit Komorbidität erhielt die in den Leitlinien primär empfohlenen Wirkstoffe. Diskussion/Schlussfolgerung: Trotz inhaltlicher und methodischer Beschränkungen stellen GKV-Routinedaten eine wertvolle Basis dar, um Einblicke in das Versorgungsgeschehen zu erhalten. Die Ergebnisse der Datenanalyse spiegeln summatorisch die Empfehlungen aktueller Hypertonieleitlinien wider. Dies weist darauf hin, dass ein großer Teil der Hypertoniker bedarfsgerecht versorgt wird. Allerdings geben die Daten auch Hinweise auf Über-, Unter- und Fehlversorgung, insbesondere bei der differenzialtherapeutischen Arzneimittelauswahl bei Patienten mit weiteren Erkrankungen. Dies könnte darauf hindeuten, dass bei komplexeren Versorgungsaufgaben wie der Behandlung multimorbider Patienten noch Erfahrungs- oder Wissensdefizite bestehen.