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DOI: 10.1055/s-0031-1283472
Patientenerwartungen an die orthopädische und die neurologische Rehabilitation
Hintergrund und Zielsetzung: Patientenerwartungen werden als wichtiger Faktor für den Rehabilitationserfolg angesehen (Deck et al., 1998; Faller et al., 2000; Büschel et al., 2004). Ziel unserer Studie war es, die wichtigsten Erwartungen orthopädischer und neurologischer Patienten an die Rehabilitation zu identifizieren und diese zu kategorisieren. Daten und Methoden: Orthopädische und neurologische Patienten, die konsekutiv vom 30. August bis zum 15. September 2010 in eine Rehaklinik aufgenommen wurden, wurden um Teilnahme an einer kurzen Befragung gebeten. Die Befragung wurde in Form mündlicher leitfadengestützter Interviews am Tag der Aufnahme durchgeführt, wobei die Abfrage der Erwartungen zunächst offen erfolgte und anschließend mittels vorgegebener Kategorien vertieft wurde. Insgesamt konnten 142 Patienten rekrutiert werden, darunter 108 orthopädische und 34 neurologische. Die Befragungsteilnehmer waren durchschnittlich 62 Jahre alt. Der Frauenanteil betrug 47 Prozent. Ergebnisse: Ohne Vorgabe irgendwelcher Antwortmöglichkeiten nannten 140 Patienten spontan 230 Erwartungen an die Reha. Nach der Zusammenfassung inhaltlich eng miteinander verknüpfter Nennungen ließen sich 24 Antwortkategorien identifizieren. Die häufigsten Erwartungen orthopädischer Patienten waren die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes (60 Prozent der Fälle) und der Mobilität (43%). Neurologische Patienten nannten ebenfalls vor allem die Verbesserung des Gesundheitszustandes (71%). Die anschließende vertiefende Abfrage mittels vorgegebener Kategorien förderte wesentlich mehr und zum Teil andere Erwartungen zu Tage (724 Nennungen von 142 Patienten). Diskussion und Schlussfolgerung: Obwohl im Grunde nicht völlig überraschend, so ist doch die starke Abweichung der Ergebnisse der offenen Erwartungsabfrage von denen der geschlossenen auffällig. Es stellt sich die Frage, welcher Ansatz ein realistischeres Bild ergibt. Die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten erfordert in jedem Fall weitere wissenschaftliche Anstrengungen bis ein größerer Konsens über die Dimensionen von Patientenerwartungen an die Reha hergestellt ist. Bei einer antwortoffenen Vorgehensweise muss mit insgesamt weniger und unspezifischen Erwartungen gerechnet werden. Dieses empirische Bild legt letztlich sogar die Vermutung nahe, dass die Bedeutung von Patientenerwartungen in der Theorie möglicherweise überschätzt wird.
Literatur:
Büschel C, Dibbelt S, Greitemann B (2004): Patientenerwartungen als Prädiktoren von Reha-Erfolg und allgemeiner Krankheitsbewältigung in der stationären orthopädischen Rehabilitation. DRV-Schriften, Bd.52: 467–468 Deck R, Zimmermann M, Kohlmann T, Raspe H (1998): Rehabilitationsbezogene Erwartungen und Motivationen bei Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen. Rehabilitation 37: 140–146 Faller H, Vogel H, Bosch B (2000): Erwartungen von Rehabilitanden hinsichtlich der Me-thoden und Ergebnisse ihrer Rehabilitation – Eine kontrollierte Studie mit Rückenschmerz- und onkologischen Patienten. Rehabilitation 39: 205–214