Gesundheitswesen 2011; 73 - A105
DOI: 10.1055/s-0031-1283671

Beeinflusst der sozioökonomische Status den Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit? Eine Moderatoranalyse

N Vonneilich 1, K-H Jöckel 2, R Erbel 3, J Klein 1, N Dragano 2, S Weyers 4, S Möbus 2, J Siegrist 4, O Von dem Knesebeck 1
  • 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 2Universität Duisburg-Essen, Essen
  • 3Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 4Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Düsseldorf

Einleitung: Soziale Beziehungen gelten als wesentliche soziale Determinanten von Gesundheit. Jedoch ist unklar, ob die Assoziationen zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit in unterschiedlichen Statusgruppen ähnlich stark sind. Der Hypothese differentieller Vulnerabilität zufolge ist es vorstellbar, dass sich der Effekt sozialer Beziehungen auf die Gesundheit zwischen Statusgruppen unterscheidet. Daten: Auf der Datengrundlage der Heinz Nixdorf Recall Studie (N=4814, Response=56%) wurde untersucht, inwiefern der sozioökonomische Status (SES) den Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit moderiert. Der SES wurde anhand von Einkommen und Bildung gemessen. Strukturelle Aspekte sozialer Beziehungen wurden anhand des Social Network Index erhoben. Funktionale Aspekte wurden durch die wahrgenommene instrumentelle und emotionale Unterstützung erfasst. Als Gesundheitsindikatoren wurden die generelle subjektive Gesundheit und eine Kurzversion der CES-D Skala zur Messung der Häufigkeit depressiver Symptome verwendet. Auf Grundlage logistischer Regressionsmodelle wurde ein Score berechnet, der das Überschreiten rein additiver Effekte und damit vorliegende Interaktionseffekte sichtbar machen kann (relative excess due to interaction, RERI). Ergebnisse: Die höchsten Odds Ratios (OR) für schlechte subjektive Gesundheit und für depressive Symptome zeigten sich, wenn die Befragten sowohl niedrige soziale Beziehungen als auch einen niedrigen SES angaben. Beispielsweise zeigte sich bei Befragten mit niedrigem Einkommen und niedrigen sozialen Beziehungen ein OR für depressive Symptome von 2,85 (95% CI 2,32–4,49), bei denjenigen mit niedrigem Einkommen und guten sozialen Beziehungen ein OR von 1,44 (95% CI 1,12–1,86) sowie bei den Befragten mit hohem Einkommen und niedrigen sozialen Beziehungen ein OR von 1,72 (95% CI 1,45–2,03), gegenüber der Referenzgruppe mit hohem Einkommen und guten sozialen Beziehungen. Die meisten RERI-Scores waren positiv. Diskussion: Unsere Analysen weisen auf einen Moderatoreffekt von SES auf die Assoziation zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit hin. Jedoch werden nur einige RERI-Scores signifikant und die Stärke des Moderatoreffekts variiert je nach verwendeten Indikatoren für SES und soziale Beziehungen. Somit kann die Hypothese der differentiellen Vulnerabilität weder vollständig bestätigt noch abgelehnt werden.