RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0031-1287688
Diabetes und Niere – nicht nur ein Mikroalbuminurieproblem
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
30. August 2011 (online)
In einer bereits 2009 veröffentlichten Studie zum Thema ”Niereninsuffizienz ohne Albuminurie bei Typ-2-Diabetikern im Vergleich zur Normalbevölkerung“ einer australischen Arbeitsgruppe wurde die Frage aufgeworfen, warum bei Diabetikern mit gestörter Nierenfunktion die Albumin-Ausscheidung im Urin normal ist. Bei den über 11 000 untersuchten Typ-2-Diabetiker wiesen 23,1 % eine Niereninsuffizienz mit einem Glomerulumfiltrat (GF) < 60ml/min/1,73m2 auf. Über die Hälfte (55 %) jedoch hatten eine normale und nicht gesteigerte Albuminausscheidung im Urin. Nur im Stadium der fortgeschrittenen chronischen Niereninsuffizienz lag eine Albuminurie vor. Eine Niereninsuffizienz ohne Albuminurie war bei Diabetikern nicht häufiger als in der Normalbevölkerung. (”Nonalbuminuric renal impairment in type 2 diabetic patients and in the general population. National evaluation of the frequency of renal impairment co-existing with NIDDM, Diabetes Care 2009; 32: 1497–1502).
Kontrollieren wir die falschen Werte, sollten doch Kreatinin und die GF-Rate statt des Albumin im Urin untersucht werden? Wir wollen uns in diesem Heft mit speziellen Fragen der Kontrollen beim niereninsuffizienten Diabetiker näher befassen.
Prof. Dr. Christoph Hasslacher, Leiter des Diabetesinstitutes Heidelberg, geht in seinem Artikel der Frage nach, welcher Laborwert der beste Parameter zur Einschätzung der Diabeteseinstellung bei Dialysepatienten ist. Jüngsten Studien zufolge gehen zu niedrige und zu hohe HbA1c-Werte mit einer erhöhten Sterblichkeit einher. Sind Parameter wie zum Beispiel das glykosylierte Albumin geeigneter, eine aussagefähige Prognose der Erkrankung vorauszusagen? Lesen Sie mit Interesse den vorliegenden Beitrag dazu.
In einer anderen Arbeit, ebenfalls aus Heidelberg (Dr. Felix Kulozik) steht die Vermeidung von Hypoglykämien im Mittelpunkt. Gerade Patienten mit einer nachlassenden Nierenfunktion weisen ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämien auf. Dies hat natürlich Konsequenzen: Patienten sind verunsichert, ängstlich, könnten intensivierter Therapiemaßnahmen eher abweisend gegenüber stehen, es kann zu Hypoglykämiewahrnehmungsstörung kommen und nicht zuletzt kann es zu einer erhöhten kardiovaskuläre Mortalität führen. Ursachen und Vermeidungsstrategien werden ausführlich beleuchtet.
Isabel Platten vom Diabetesinstitut Heidelberg untersuchte die verschiedene Einflussfaktoren bei der Blutzuckerkontrolle mit Handmessgeräten bei niereninsuffizienten Diabetikern. Bislang wohl unterschätzt sind die Beeinträchtigungen interferierender Substanzen und Änderungen des Hämatokrits im Hinblick auf Fehler bei der Glukosemessung. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Insulin-Dosis-Anpassung auf Patientenseite. Bei der Verwendung von plasmakalibrierter Teststreifen kann man sogar von einer fast ”einheitlichen Erhöhung“ der ausgegebenen Blutzuckerwerte um circa 11 % bei Plasmakalibration ausgehen. Hinzu kommt, dass in der Untersuchung aufgezeigt wurde, dass jeder vierte Patient mehrere Blutzuckermessgeräte gleichzeitig in Gebrauch hat.
Ulrike Seltenreich, Diabetesberaterin DDG im St. Josefskrankenhaus Heidelberg beschreibt in ihrem Beitrag ein weiteres Problem der Blutzuckerselbstkontrolle. Diabetespatienten mit Niereninsuffizienz und weiteren Komplikationen oder Folgeerkrankungen wie Seheinschränkung durch eine Retinopathie, haben zunehmend Probleme bei der korrekten Durchführung der Blutzuckerselbstkontrolle. Konsequenzen dieser Fehlmessungen können zu einer Stoffwechsellabilität und zu Hyper- oder Hypoglykämien führen. Besonders gefordert ist an dieser Stelle das betreuende Praxispersonal. Eine Vielzahl an Möglichkeiten, bedarfsgerecht mit diesen Handicaps umzugehen, ist vorhanden, muss jedoch gezielt eingesetzt werden.
Seien Sie gespannt auf ein interessantes Heft.