Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(10): 684-692
DOI: 10.1055/s-0031-1291947
Fachwissen
Anästhesie-Topthema: Perioperative Prophylaxe und Therapie von Infektionen
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Perioperative Prophylaxe und Therapie von Infektionen – Präventionsstrategien in der Krankenhaushygiene

Strategies for prevention of healthcare associated infection
Axel Kramer
,
Ojan Assadian
,
Martin Exner
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Oktober 2011 (online)

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Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der Gefährdung durch nosokomiale Infektionen und der pandemischen Ausbreitung multiresistenter Erreger kommt der Infektionsprävention durch krankenhaushygienische Maßnahmen ein hoher Stellenwert für die Gewährleistung der Patientensicherheit zu.

Die aufeinander abgestimmte Umsetzung von Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention in Form der Multibarrierenstrategie ist in Verbindung mit Supervision das Merkmal der Praxis einer guten Krankenhaushygiene. Basiskriterien für die Strukturqualität sind die einrichtungsabhängige Ausstattung mit Hygienefachpersonal einschließlich hygienebeauftragter Ärzte und Schwestern/Pfleger, baulich-funktionelle und apparative Voraussetzungen, die Regelung der Prozessqualität in Form von SOPs, die Ergebnisbewertung durch Surveillance und hygienisch-mikrobiologische Überwachung sowie Regelungen zum Ausbruchmanagement.

Abstract

In light of the hazard of healthcare associated infection (HAI) and pandemic increase of multiresistant pathogens the prevention and control of HAI by implementing infection control strategies in a structured and systemic manner are becoming increasingly important in order to assure patient safety.

A well balanced implementation of primary, secondary, and tertiary prevention in the format of a multibarrier concept together with surveillance of outcome measures are critical elements for a good hygiene practice. Criteria for structure-quality are optimal planned facility interieur supporting the clinical work-flow, adequate staffing of infection control practitioners and nurses, management of processes supporting infection prevention measures together with facility specific SOPs, and Surveillance and monitoring of the outcome together with feed-back to staff. Finally, any healthcare facility must be prepared for acute crisis such as outbreak management or management of critical incidences related to HAIs.

Kernaussagen

  • Nosokomiale Infektionen und die Zunahme multiresistenter Erreger gelten als die größte infektiologische Herausforderung in Europa.

  • Die Entstehung nosokomialer Infektionen ist bestimmt durch den Erregerwandel, Infektionsreservoire, Übertragungswege, die Prädisposition des Patienten sowie baulich-funktionelle und betrieblich-organisatorische Kriterien.

  • Nosokomiale Infektionen haben einen erheblichen epidemiologischen Stellenwert: Für Deutschland wird allein im stationären Bereich von mindestens 500 000 Fällen ausgegangen. Jährlich sterben mindestens 15 000 Patienten an nosokomialen Infektionen.

  • Exogen erworbene nosokomiale Infektionen gelten grundsätzlich als komplett vermeidbar. Für endogene Infektionen trifft das nur teilweise zu.

  • Hygienestrategien werden u. a. durch das neue Infektionsschutzgesetz zur Prävention nosokomialer Infektionen einen erheblichen Stellenwert erhalten und basieren auf dem Zusammenwirken von pro- und reaktiven Strategien des Qualitätsmanagements.

  • Zielführend sind auf Basis der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention die Erarbeitung von mit allen Mitarbeitern erarbeiteten Standardarbeitsanweisungen (SOPs), die Aus- und Weiterbildung, Motivation und Compliance, die Überwachung, eine rationale Antibiotikastrategie und ein etabliertes Ausbruchmanagementsystem.

  • In den letzten Jahren wurde zunehmend eine Multibarrierenstrategie bzw. Bündelstrategie etabliert; hierbei werden 4–5 Maßnahmen, die sich jede für sich als wirksam erwiesen haben, gebündelt und zu jeder Zeit bei jedem Patienten durchgeführt.

  • Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Prävention von Krankenhausinfektionen ist die Ausbildung in der modernen Krankenhaushygiene – insbesondere der Ärzte, aber auch der Pflegeberufe. Deshalb müssen gemäß den Forderungen des Deutschen Ärztetags an allen Universitäten wieder dringend Lehrstühle für Hygiene etabliert werden.

Ergänzendes Material