Zeitschrift für Palliativmedizin 2011; 12(06): 252
DOI: 10.1055/s-0031-1295610
Forum
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Krebstod – Ethnische Zugehörigkeit bestimmt über Sterbeort

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 November 2011 (online)

 

Es mehren sich die Beweise, dass Mitglieder bestimmter gesellschaftlicher Gruppen oft nicht ausreichend palliativversorgt sind. Entscheidet beispielsweise die ethnische Zugehörigkeit darüber, ob Krebspatienten eher im Hospiz, zu Hause oder in einer Klinik sterben? Dieser Frage ist nun eine Studie aus dem Vereinigten Königreich nachgegangen.
Palliative Medicine 2011; 25(4): 314–322

V. H. Coupland et al. werteten die Daten von 101516 Personen aus Südostengland aus, die zwischen 1998 und 2006 an Lungen-, Kolorektal-, Brust- oder Prostatakrebs gestorben waren. Die Daten stammten von der "Thames Cancer Registry Database". Von 68 804 (68 %) Patienten waren Angaben zu der ethnischen Herkunft verfügbar, sie wurden folgenden Gruppen zugeordnet: Weiße, Inder, Pakistaner, Bangladescher, Schwarzafrikaner, Afrokariben, Chinesen und andere. Die Autoren kalkulierten die Odds Ratios (ORs) für Tod aufgrund von Krebs im Hospiz, zu Hause oder in einer Klinik. Die Ergebnisse wurden adjustiert für das Alter zum Zeitpunkt des Todes, Deprivation, das "Krebsnetzwerk" am Wohnort sowie die Zeitspanne zwischen Diagnose und Tod.

Der überwiegende Teil der Todesfälle (44,3 %) ereignete sich in einer Klinik, 22,6 % der Patienten starben zu Hause und 21,4 % in einem Hospiz. Im Vergleich zu Weißen bestand für Pakistaner (OR 0,47; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,30–0,74), Inder (OR 0,68; 95 %-KI 0,55–0,84) sowie Bangladescher (OR 0,33; 95 %-KI 0,19–0,56) nach Adjustierung eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit, in einem Hospiz zu sterben. Zu Hause zu sterben war signifikant unwahrscheinlicher für Schwarzafrikaner (OR 0,48; 95 %-KI 0,36–0,65), Afrokariben (OR 0,78; 95 %-KI 0,67–0,90) und Chinesen (OR 0,46; 95 %-KI 0,28–0,76). Pakistaner, Inder, Bangladescher, Schwarzafrikaner, Afrokariben und Chinesen wiesen gegenüber Weißen eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit auf, dass sich ihr Tod in einer Klinik ereignete. Patienten mit unbekannter ethnischer Herkunft starben eher in einem Hospiz oder zu Hause und mit signifikant geringerer Wahrscheinlichkeit in einer Klinik.

Fazit

Krebspatienten in Südostengland, die verschiedenen ethnischen Gruppen angehören, zeigen tendenzielle Unterschiede hinsichtlich der Sterbeorte, so das Ergebnis der Studie. Nach Meinung der Autoren deuten die Studienergebnisse auf Barrieren hin, die Mitglieder bestimmter ethnischer Gruppen von einer Palliativversorgung ausschließen. Es sei auch möglich, dass bestimmte Gruppen bestimmte Sterbeorte bevorzugen.

Dr. Frank Lichert, Weilburg