Rofo 2011; 183(12): 1103-1104
DOI: 10.1055/s-0031-1295629
Brennpunkt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hepatitis-C-assoziierte Enzephalopathie – Virusinfektion führt zu Neuroinflammation

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Dezember 2011 (online)

 

M. Bokemeyer et al. gingen der Frage nach, warum Patienten mit Hepatitis-C-Virus-Infektion häufig unter Fatigue, Stimmungsschwankungen und kognitiven Beeinträchtigungen leiden. Um die Assoziation zwischen abnormem zerebralen Metabolismus und neuropsychiatrischen Symptomen zu beleuchten, bestimmten sie die Konzentrationen verschiedener Neurometabolite in 4 Hirnregionen und testeten die Patienten neuropsychologisch.
Gut 2011; 60; 370–377

Die Studiengruppe setzte sich aus 53 Patienten mit aktiv replizierender HCV-Infektion und milder Lebersymptomatik zusammen. Die Teilnehmer waren 52 ± 9 Jahre alt und im Jahr vor der Studie nicht therapiert worden. Alle Patienten wurden neurologisch und neuropsychologisch untersucht. Außerdem erfolgten eine konventionelle zerebrale MRT und eine Protonen-Magnetresonanz-Spektroskopie (MRS) 4 zerebraler Regionen (parietale weiße Substanz, okzipitale graue Substanz, Basalganglien und Pons) zur quantitativen Konzentrationsmessung der Hirnmetabolite. Die MRS-Daten verglichen die Forscher mit Daten von 23 gesunden Kontrollteilnehmern.

Bei HCV-Patienten war der Cholinspiegel in der weißen Substanz signifikant höher als bei den gesunden Kontrollen. Bei HCVPatienten war der Cholinspiegel in der weißen Substanz (+ 16 %) signifikant höher als bei den gesunden Kontrollen. Cholin-(+ 26 %), Kreatin- (+ 20 %) und N-Acetyl-Aspartat/N-Acetyl-Aspartylglutamat-Spiegel (+ 20 %) waren auch in den Basalganglien höher. Interessanterweise waren diese Differenzen am ausgeprägtesten bei Patienten mit einem geringen Fatigue-Impact-Score (≤ 50): Bei ihnen war die Cholinkonzentration in der weißen Substanz (+ 37 %), der okzipitalen grauen Substanz (+ 38 %) und im Basalganglion (+ 41 %) höher als bei den Kontrollen. Darüber hinaus unterschied sich auch die Myoinositolkonzentration in der weißen (+ 37 %) und grauen Substanz (+ 35 %) signifikant zwischen Patienten mit geringem FSI-Score und gesunden Kontrollen. Das Fatigue-Syndrom korrelierte negativ mit N-Acetyl-Aspartat/N-Acetyl-Aspartylglutamat, Cholin und Kreatin in der weißen Substanz und mit Myoinositol und in weißer und grauer Substanz sowie Basalganglien.

Fazit

Die Studienergebnisse bestätigten die Hypothese, dass eine HCV-Infektion neben Hepatitissymptomen auch neuroinflammatorische Prozesse und zerebrale Dysfunktion induziert, so die Autoren. Die veränderten Neurometabolitspiegel korrelierten signifikant mit dem Ausmaß des Fatigue-Syndroms, waren allerdings ausgeprägter bei Patienten mit schwächerem Fatigue-Syndrom. Die Autoren werten diese Beobachtungen als Zeichen einer infektionsbedingten Gliazellaktivierung, die von unterschiedlich ausgeprägten neuroprotektiven Prozessen im Gehirn begleitet wird.

Ines Schulz-Hanke, Untermeitingen