Der Klinikarzt 2011; 40(11): 500
DOI: 10.1055/s-0031-1297201
Medizin & Management
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Privatklinik-Ausgründungen

Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geplant
Petra Spielberg
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Publication Date:
30 November 2011 (online)

 
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(Bild: creativ collection V3.8)

Die Koalitionsfraktionen der Bundesregierung wollen Krankenhäusern künftig gesetzlich untersagen, in ausgegründeten Privatkliniken höhere Entgelte für Versorgungsleistungen zu nehmen als ihnen nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz zustünde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hingegen erst vor wenigen Wochen eine Beschwerde des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung um die Helios Privatklinik Siegburg zurückgewiesen. Demnach sollen Privatkliniken auch dann nicht dem Entgeltrecht unterliegen, wenn sie Räume, Geräte und Personal der öffentlichen Einrichtung nutzen, von der sie ausgegründet wurden. Der Verband der Privaten Krankenversicherung hatte gegen diese Praxis in der Vergangenheit mehrfach geklagt und eine gesetzliche Regelung gefordert.

Privatkliniken, die sich in räumlicher Nähe zu einem Krankenhaus befinden, mit dem sie verbunden sind, sollen für allgemeine Versorgungsleistungen keine höheren Entgelte verlangen dürfen, als nach dem Krankenhausentgeltgesetz vorgesehen. Dies sieht ein Änderungsantrag vor, den die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP in die Beratungen zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz eingebracht haben. Damit wollen die Fraktionen die missbräuchliche Ausgründung von Privatkliniken zur Erzielung von Entgelten für allgemeine Krankenhausleistungen verhindern.

Derzeit existieren bundesweit schätzungsweise 100 solcher Einrichtungen. Die Träger hatten für ihre privaten Ausgründungen kürzlich sogar noch Rückenwind vom Bundesgerichtshof (BGH) bekommen. Denn nach einem Beschluss des BGH unterliegen die Privatkliniken nicht dem Krankenhausentgeltrecht. Hintergrund war ein Rechtsstreit zwischen der Privatklinik Siegburg der Helios Gruppe und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV).

Für die medizinische Versorgung verlangt die private Einrichtung von ihren Patienten deutlich höhere Entgelte als das öffentliche Mutterhaus, von dem sie aus gegründet wurde. Der BGH hatte Ende August die Beschwerde des Verbandes der PKV gegen diese Praxis zurückgewiesen und damit ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG) vom August des Vorjahres für rechtmäßig erklärt. Dem Urteil des OLG zufolge ist das Krankenhausentgeltgesetz nicht auf die Privatklinik anzuwenden, da es sich nach Ansicht der Richter bei der Privatklinik ungeachtet der engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Plankrankenhaus um eine zulässige Ausgründung handele. Die Privatklinik darf die höheren Preise folglich auch kassieren, wenn sie identische oder weitgehend gleiche Leistungen wie das Plankrankenhaus erbringt und auf dessen Personal und Geräte zurückgreift.

Die Helios Privatkliniken GmbH betreibt die 32-Betten-Einrichtung seit Anfang 2006 in angemieteten Räumen des -Klinikums Siegburg, das als öffentliches Krankenhaus in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen ist. Die Privatklinik bietet stationäre Leistungen für Privatpatienten und Selbstzahler an und nutzt dabei Geräte, Operationssäle und Personal der öffentlichen Einrichtung. Die erbrachten Leistungen werden nach dem Fallpauschalsystem abgerechnet, wobei Basisfallwerte von bis zu 4170 Euro zugrunde liegen. Der Zweibettzimmerzuschlag in der Privatklinik beträgt derzeit 165 Euro. Der Einbettzimmerzuschlag liegt bei 230 Euro. Nach diesem Modell betreibt die GmbH in insgesamt 39 der 44 Akutkrankenhäuser der Helios Gruppe private Kliniken.

Die aus Sicht des PKV-Verbandes rechtlich fragwürdige Deklaration von Abteilungen oder Gebäuden kommunaler Einrichtungen zu Privatkliniken wie im beschriebenen Fall kosten die Versicherungen schätzungsweise rund 100 Millionen Euro jährlich. Der Verband hatte daher gegen die überhöhte Abrechnungspraxis in Siegburg sowie in den zurückliegenden Jahren auch gegen ähnliche Privatklinik-Modelle an anderen Standorten geklagt, da inzwischen eine Reihe von Krankenhausträgern derartige Einrichtungen als Tochtergesellschaften betreiben. (s. klinik- arzt 2010; 39: 172).

Die privaten Versicherer fordern unter anderem, die Wahlleistungsentgelte für die Unterkunft in den Ein- und Zweibettzimmern der Privatkliniken auf ein angemessenes Niveau zu senken. Der PKV-Verband argumentiert ferner, dass das Krankenhausentgeltgesetz grundsätzlich auf ausgegründete Privatkliniken anzuwenden sei, sofern der Betrieb innerhalb der Räume des Plankrankenhauses und unter Ausnutzung der personellen und sachlichen Ressourcen der öffentlichen Einrichtung erfolgt.

Der Verband begrüßt daher den Vorstoß der Koalitionsfraktionen, die Entgeltbindung für ausgegründete Privatkliniken gesetzlich zu verankern. "Ein solcher Schritt wäre ein echter Fortschritt für den Verbraucherschutz und würde die Patienten vor ungerechtfertigten Mehrkosten im Krankenhaus schützen. Denn bei den in Rede stehenden Privatklinik-Ausgründungen an bestehenden öffentlichen Krankenhäusern werden den Patienten zumeist deutlich höhere Kosten aufgebürdet, ohne dass es einen entsprechenden medizinischen Zusatznutzen gibt", betont Verbandssprecher Stefan Reker.