Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72(2): 81
DOI: 10.1055/s-0031-1298354
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

EDITORIAL

M. W. Beckmann
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Publication Date:
05 March 2012 (online)

Liebe Leserinnen und Leser,

im Juli des vergangenen Jahres berichtete Professor Jonat als Vorstandsmitglied der Deutschen Krebshilfe über die Förderung der Onkologischen Spitzenzentren durch die Krebshilfe sowie über die Ergebnisse der Evaluation, die an einem Teil dieser Spitzenzentren stattgefunden hatte. Die dabei vorgestellten Ergebnisse haben auch Skeptiker beeindruckt. Die Förderung der Spitzenzentren hat weit über diese Zentren hinaus (es sind mittlerweile 13 Spitzenzentren) die Onkologie in Forschung und Klinik positiv beeinflusst.

Dennoch sind noch viele Aufgaben zu lösen. Insbesondere die jetzige und künftige Finanzierung sowohl der Spitzenzentren als auch der Klinisch-onkologischen und der Organzentren ist eine Herausforderung. Zum einen dürfte evident sein, dass eine Medizin, die Spitzenleistungen in Diagnostik und Therapie für sich beansprucht, diese besonderen Leistungen auch finanzieren muss. Zum anderen sehen sich gerade die Organzentren immer wieder der Kritik ausgesetzt, dass sie nur deshalb gegründet wurden, „um Marktvorteile gegenüber Konkurrenten zu erreichen“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb. Diese Debatte hat auch die Entwicklung der Brustzentren in Deutschland begleitet, die von der Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie vorangetrieben wurde. Heute existieren über 200 Zentren, die von den Gesellschaften zertifiziert sind. Die Fachgesellschaften können damit für sich in Anspruch nehmen, dazu beigetragen zu haben, die Behandlung des Mammakarzinoms in Deutschland zu restrukturieren.

Die – auch vor dem Hintergrund der Finanzierungsdiskussionen – entscheidende Frage ist, ob dies auch ein medizinischer Erfolg ist. Dazu haben die Gesellschaften nun die Ergebnisse der Audits vorgelegt, die 2010 an 246 Standorten vorgenommen worden sind. Ich freue mich sehr, dass wir in der GebFra die Ergebnisse dieser außergewöhnlichen Untersuchung referieren können: In dieser Ausgabe berichten Kowalski et al. über die Ergebnisse aus Sicht der Patientinnen (siehe Seite 137, deutsche Fassung unter https://www.thieme-connect.de/ejournals/toc/gebfra). In der kommenden Ausgabe folgt der zweite Teil, der die Perspektive der Zentrumsleitungen wiedergibt.

In mindestens zwei Hinsichten gibt es Erfolge zu berichten. Die Patientinnen zeigen sich mit der medizinischen Betreuung weit überwiegend sehr zufrieden; und in den Zentren selbst führt die höhere Transparenz – bedingt durch die interdisziplinären Tumorkonferenzen und die regelmäßigen internen Evaluationen anhand der Kennzahlen – zu besserer Behandlungsqualität und höherer Leitlinientreue. Genauso deutlich bezeichnet die Studie jedoch die noch zu lösenden Aufgaben. Die Patientinnen benötigen ein Mehr an Orientierung und psychosozialer Information. Und an den Zentren gilt es, nach einer positiv zu wertenden Phase der Gesamtverbesserung nun eine Harmonisierung der Behandlungsqualität zu erreichen. Die nunmehr dokumentierte Heterogenität zwischen den Brustzentren halte ich für eine der zentralen Herausforderungen, die uns beschäftigen sollte.

Ihr
M. W. Beckmann

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Prof. Dr. M. W. Beckmann