Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(08): 361
DOI: 10.1055/s-0031-1298921
Editorial
Onkologie, Prävention
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Darmkrebsmonat März 2012: Männer im Fokus

Annual Colon Cancer Awareness Month March 2012: what about men?
J. F. Riemann
1   Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke
,
S. Webendörfer
2   ehrenamtliches Mitglied des Stiftungsrates der Stiftung LebensBlicke; Vice President Occupational Medicine & Health Protection der BASF SE, Ludwigshafen
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Publication Date:
14 February 2012 (online)

Männer erkranken offensichtlich früher und intensiver an einem kolorektalen Karzinom. Das haben Publikationen der jüngsten Zeit übereinstimmend gezeigt. Die Gründe sind vielschichtig: Neben möglicherweise geschlechtsspezifischen Unterschieden (z.B. in der Tumorbiologie) werden regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen von Männern deutlich weniger akzeptiert; sie fühlen sich gegenüber Erkrankungen überhaupt besonders stark, und sie überschätzen sich in Bezug auf körperliche Beeinträchtigungen. Männer werden daher gerne als „Vorsorgemuffel“ denunziert. Dabei erreicht man mit dieser Art der Bloßstellung eher das Gegenteil.

Der Darmkrebs eignet sich in ganz besonderer Weise zur Früherkennung, da er so gut bekannt ist: Er entwickelt sich in der Regel in einem Zeitraum von 10 bis 15 Jahren über Vorstufen hin zum Karzinom. Das Lebenszeitrisiko liegt bei 6 %. Bei diesem Tumor haben wir die einzigartige Chance, die Progression durch indirekte (Stuhltests) und direkte (Koloskopie) Tests zu diagnostizieren und damit effektive Vorsorge- und Behandlungsstrategien zu entwickeln. Deutschland hat seit 2002 ein duales opportunistisches Darmkrebs-Screening, das Männern und Frauen ab 50 Jahren neben einem Beratungsgespräch den Zugang zum Guajac-basierten „fecal occult blood test“ (FOBT) und ab dem 55.  Lebensjahr die Durchführung einer Koloskopie mit Wiederholung nach 10 Jahren (wenn Indexuntersuchung negativ) ermöglicht.

Allerdings – und hier tut sich ein weiteres Betätigungsfeld auf – besteht noch kein Einladungsverfahren, wie dies z. B. in Polen und Österreich der Fall ist. Diese Angebotsform hat sich als deutlich besser erwiesen und kann die Teilnahmefrequenz an den angebotenen Maßnahmen fast verdoppeln. Der Nationale Krebsplan der Bundesregierung hat dazu Vorschläge erarbeitet. Deutschland wird in Modellprojekten erproben, wie ein bevölkerungsbezogenes organisiertes Einladungsverfahren (z. B. analog zum Brustkrebs-Screening) logistisch eingeführt werden kann.

Im Darmkrebsmonat März 2012 ist es Ziel der Stiftung LebensBlicke mit ihren bundesweiten Fortbildungskoordinatoren und Regionalbeauftragten, das besondere Darmkrebs-Risiko für Männer deutlich zu machen und Wege aufzuzeigen, wie man aktuell besser damit umgehen kann.  Unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministers wird eine Informationskampagne begonnen. Dabei geht es vor allem darum, das Bewusstsein für dieses erhöhte Risiko zu wecken, aber auch darum, Frauen und Partnerinnen anzuspornen, ihre Männer und Partner für die Inanspruchnahme von Vorsorgeleistungen zu motivieren und den Männern deutlich zu machen, dass inzwischen schon viele Menschen durch die Vorsorge vor der Erkrankung gerettet wurden nach dem Motto: Gib dem Darmkrebs keine Chance.

Es wird ferner in vielen Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben Deutschlands im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge in ganz besonderem Maße vom beriebsärztlichen Dienst auf die soziale Verantwortung für die Betriebsangehörigen und ihre Gesundheit hingewiesen. Auch dabei wird das Thema „Männer und Darmkrebs“ ganz im Vordergrund stehen.

Die bisherigen Untersuchungen, wie auch die sehr eindrucksvollen Zahlen aus der BASF in Ludwigshafen, die bereits über einen Zeitraum von 10 Jahren gewonnen wurden, belegen die Effektivität eines Darmkrebsscreenings in Betrieben, vor allem im Hinblick auf die männliche Belegschaft. So sollte in Zukunft mit den Kostenträgern eine differenzierte Vorsorgestrategie entwickelt werden. Aufgrund der vorhandenen Datenlage erscheint es uns zwingend, dass Männern bereits mit 45 Jahren der Zugang zu Darmkrebsfrüherkennungsmaßnahmen im Sinne eines Beratungsgesprächs und eines Okkultbluttests angeboten werden sollte, mit 50 Jahren der Zugang zu ersten Koloskopie. Warum sollen wir abwarten, bis weitere große Studien diesen Geschlechtsunterschied noch deutlicher markieren? Unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede bei Erkrankungen sollten wir bei der Darmkrebsfrüherkennung eine differenzierte Vorsorgestrategie unterstützen und frühere gesetzliche Regelungen für Männer fordern.

Liebe Leserinnen und Leser, helfen Sie mit im Darmkrebsmonat März 2012, wo immer Sie im medizinischen Umfeld tätig sind, das Thema „Männer und Darmkrebs“ anzusprechen. Sie unterstützen damit die Arbeit der Stiftung LebensBlicke und vieler anderer Organisationen, die sich dieser Thematik verschrieben haben.