Suchttherapie 2012; 13(01): 5
DOI: 10.1055/s-0031-1299713
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Binge Drinking

G. Bischof
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Publication Date:
09 February 2012 (online)

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G. Bischof

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit geraumer Zeit wird der Diskurs zu alkoholbezogenen Problemen stark geprägt durch das Phänomen des „binge drinkings“, d. h., des Konsums größerer Alkoholmengen bei einer Trinkgelegenheit. Im deutschsprachigen Raum wird der Sachverhalt des öfteren mit Begriffen wie Rauschtrinken oder „Komasaufen“ beschrieben und fokussiert schwerpunktmäßig die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die mit erhöhten Blutalkoholkonzentrationen stationär behandelt werden (müssen?). Die medial kolportierten Zahlen belegen einen deutlichen Anstieg stationärer Behandlungen infolge alkoholbedingter Intoxikationszustände (wenngleich nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt), sodass ein Handlungsbedarf unmittelbar naheliegt. Dementsprechend ist bisweilen in Teilen der Öffentlichkeit und auch der Suchtkrankenhilfe ein Aktionismus feststellbar, ohne dass ein fundiertes Wissen zur Wirksamkeit entsprechender Verfahren oder zu geeignetenZielgruppen für Interventionsmaßnahmen vorliegen würde. Ein guter Grund für die „Suchttherapie“, sich kritisch mit der Thematik auseinander zu setzen und einen Überblick zum derzeitigen Wissensstand in der Forschung zu geben.

Einen Überblick zu Trends bezüglich des Alkoholkonsums (und des Rauschtrinkens) bei Jugendlichen und jugendlichen Erwachsenen geben Boris Orth und Jürgen Töppich anhand der Daten der bundesweiten Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Alfred Uhl und Ulrike Kobrna diskutieren die Frage, welche Evidenz für eine Zunahme alkoholbezogener Problemmuster bei Jugendlichen vorliegt und welchen methodischen Einschränkungen entsprechende Darstellungen unterliegen. Joachim Körkel diskutiert in seinem Beitrag die Krankenhausintervention des Projekts „Hart am Limit“ anhand des internationalen Forschungsstandes. Peter Michael Sack und Kollegen stellen die erste Wirksamkeitsstudie zu „Halt“ vor, in der mittels einer randomisierten klinischen Studie das Interventionsmodell derzeit in Hamburg überprüft wird. Die Frage, ob Trinkschulungen ein geeignetes Instrument sein könnten, um Jugendliche an einen unproblematischen Umgang mit der gesellschaftlich akzeptierten Droge Alkohol heranzuführen, wird in diesem Heft in Form einer Pro und Contra-Debatte diskutiert von Heidi Kuttler und Olaf Reis.

Ergänzend zu den Schwerpunktbeiträgen stellt Karl-Heinz Reger anhand von schiffsärztlichen Berichten zum „Delirium Tremens“ im 19. Jahrhundert den psychiatriehistorisch interessanten Umgang mit Alkoholproblemen in einem weitgehend geschlossenen Kontext dar. Abgerundet wird das Heft durch eine Fallschilderung eines alkoholabhängigen Patienten mittels Verhaltenstherapie und Baclofen von Susanne Haamann und Harald Rippel.

Wir freuen uns, mit diesem Heft Sabine Löber als neue Mitherausgeberin begrüßen zu dürfen, die wir Ihnen auf S. 2 näher vorstellen. Wir freuen uns, dass Frau Löber uns mit ihrer Expertise und Ihren Ideen unterstützen wird.

Im Namen des Herausgebergremiums wünsche ich Ihnen eine unterhaltsame und anregende Lektüre