Der Klinikarzt 2011; 40(12): 547
DOI: 10.1055/s-0031-1301058
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lungenkarzinom – von der Diagnose bis zur multimodalen Therapie

Wolfgang E Berdel
,
Rainer Wiewrodt
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Publikationsdatum:
27. Dezember 2011 (online)

Weltweit gilt das Lungenkarzinom als die häufigste Krebsart: Pro Jahr kommen rund 1,61 Millionen neue Fälle hinzu, das entspricht etwa 13 % aller Krebsfälle. Zudem ist Lungenkrebs die häufigste krebsbedingte Todesursache (1,38 Millionen, 18 % aller Krebstodesfälle). In der Bundesrepublik Deutschland ist das Lungenkarzinom – nach Angaben des Statistischen Bundesamts von 2007 – mit jährlich über 40 000 Sterbefällen die vierthäufigste Todesursache und die häufigste Krebstodesursache.

Trotz der Fortschritte in der Diagnostik und Therapie liegt die 5-Jahres-Überlebensrate der Patienten mit Lungenkarzinom in europäischen und nordamerikanischen Ländern nur in einem Bereich von 5,5–15,7 %. Generell erkranken und sterben deutlich mehr Männer als Frauen an Lungenkrebs. Zwar ist die Inzidenz bei Männern in westlichen Ländern meist rückläufig, gleichzeitig steigt jedoch einer aktuellen Statistik zufolge die Anzahl der Betroffenen insbesondere in ostasiatischen Ländern und in fast allen Ländern für Frauen.

Neben den in den letzten Jahren deutlichen Verbesserungen in Diagnostik und Therapie, über die in dieser Ausgabe des klinikarzt interdisziplinär berichtet wird, sind zur Verbesserung der Situation Fortschritte in der Prävention zwingend zu fordern. Denn noch immer ist das inhalative Rauchen der größte Risikofaktor für die Entstehung von Lungenkarzinomen. Durch konsequente Präventionsmaßnahmen, die zweifellos bereits in den Schulen beginnen müssen, sowie durch Maßnahmen zur Raucherentwöhnung und durch Abstinenz, ließe sich die Situation sehr günstig beeinflussen.

Auch im Rahmen der Früherkennung sind Fortschritte erzielt worden. So konnte in diesem Jahr im sogenannten ”National Lung Screening Trial“ (NLST) erstmals der prognostische Nutzen von Früherkennungsmaßnahmen mithilfe der Niedrigdosis-Thorax-Computertomografie in einem Risikokollektiv starker Raucher (> 30 Packungsjahre; Alter: 55–75 Jahre; n = 53 454) gezeigt werden. Auch wenn die weitere Bestätigung dieser Ergebnisse noch aussteht, empfehlen die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und die Deutsche Röntgengesellschaft entsprechende Screeninguntersuchungen mit enger Indikationsstellung in einer aktuellen gemeinsamen Stellungnahme.

Insbesondere in den letzten Jahren hat sich unser Verständnis der biologischen Zusammenhänge bei der Entstehung und dem Wachstum von Tumoren deutlich erweitert. Diese Erkenntnisse können inzwischen therapeutisch immer besser genutzt werden: Heute bereichern molekulare, zielgerichtete Therapieansätze die Behandlungsmöglichkeiten beim Lungenkarzinom. Insbesondere für das pulmonale Adenokarzinom haben aktivierende Mutationen von Wachstumsfaktorrezeptoren therapeutische Relevanz erlangt. Ganz aktuell sind auch die Daten zur molekularen Klassifikation des Plattenepithelkarzinoms, die neue Therapieansätze ermöglichen werden. Eine gezielte Beeinflussung solcher molekularer Wirkmechanismen wird künftig zur Individualisierung der Therapie, zur Erweiterung des therapeutischen Armamentariums und auch zur Verbesserung der Prognose beitragen.

In dieser Ausgabe des klinikarzt erläutern kompetente Autoren die wesentlichen Aspekte der Diagnostik und der Therapie von Lungenkarzinomen. Die interdisziplinäre Zusammenstellung der Autoren verdeutlicht, wie anspruchsvoll die umfassende Betreuung von Patienten mit Lungenkrebs in der Tat ist und warum ihre erfolgreiche Behandlung nur durch die gute Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen optimal gelingen kann.