Endo-Praxis 2012; 28(1): 5
DOI: 10.1055/s-0032-1304273
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dickdarmkrebsmonat März 2012: Bleiben wir am Ball!

S Rossol
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Publication Date:
21 February 2012 (online)

Der März 2012 ist erneut Aktionsmonat zu allen Aspekten des Themas Darmkrebs, und er ist auch nach 10 Jahren akzeptierter Darmkrebs-Vorsorge wichtiger denn je. Nachdem im Oktober 2002 die Früherkennung Dickdarmkrebs mit der Koloskopie durch die Krankenkassen zu einer neuen Vorsorgequalität führte, waren die Folgejahre von erheblicher Dynamik im Bereich Fortbildungen, Werbemaßnahmen mit Betroffenen, Initiativen bis hin zu Theaterstücken und Filmen sowie weitgefächerten Informationen zum Thema charakterisiert. Das Ziel jedoch, durch die Vorsorge die Anzahl der Dickdarmkrebspatienten um 50 % zu reduzieren, wurde nicht erreicht. Mehr als 80 % der Patienten mit Dickdarmkrebs führen Symptome zum Arzt und die Erkrankung wird nicht bei der Vorsorgekoloskopie entdeckt.

Deutschland liegt weltweit in der Spitzengruppe bei der Darmkrebs-Inzidenz und die Erkrankung ist bei Frauen und Männern zusammen die häufigste Tumorart. Über 70 000 Personen erkranken an Darmkrebs, über 30 000 Patienten pro Jahr versterben daran. Insgesamt nimmt die Zahl der an Darmkrebs neu erkrankten Patienten zu. Die positive Nachricht zur Epidemiologie Darmkrebs ist, dass es trotz Zunahme der Neuerkrankungen durch der Entwicklung verbesserter therapeutischer Methoden zu einer Abnahme der Sterblichkeit kommt. Diese Methoden setzen aber erst bei bekanntem Darmkrebs und nicht in Verhinderung der Vorstufen (Polypen) durch Prävention ein.

Überaus klar ist die Wirksamkeit der aktuell angebotenen Vorsorgemethoden. Neueste Untersuchungen zum Goldstandard Koloskopie zeigen aber lediglich eine Teilnahme der Bevölkerung von 15–20 %. Dies steht im Gegensatz zu den bisherigen Daten zur Vorsorgekoloskopie. Die Methode ist in der Lage, durch diagnostische und therapeutische Effektivität die Morbidität und Mortalität des Dickdarmkrebses entscheidend zu reduzieren. Bei ca. 25 % der endoskopierten Personen finden sich Polypen, bei 6 % fortgeschrittene Polypen und bei ca.1 % der Untersuchten Karzinome. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass in Deutschland durch die Früherkennungskolo-skopie bis Ende 2010 bei Personen im Alter von 55–84 Jahren ca. 100 000 Darmkrebsfälle verhindert und zudem ca. 50 000 Darmkrebserkrankungen frühzeitig, meist in einem heilbaren Stadium, diagnostiziert wurden. Die Methode ist zudem risikoarm und zeigt bei flächendeckender Versorgung in Deutschland eine gute und professionelle Verfügbarkeit. Die erfolgreiche Vorsorgekoloskopie ist kosteneffektiv und neben dem reduzierten Leid der betroffenen Personen resultiert sie in konkreten Kosteneinsparungen.

Was ist also zu tun, um die regelmäßige und kontinuierliche Teilnahme an der Vorsorgemethoden zum Darmkrebs verbessern?

  • An der Unwissenheit der Teilnahmeberechtigten kann es kaum liegen, da die Informationen zum Thema nicht nur im Aktionsmonat März weit gestreut verfügbar sind.

  • Es besteht das grundsätzliche Problem, das die Personengruppen, die sowieso aktiv an gesund-heitlichen Themen Anteil nehmen, Vorsorge betreiben, während, wie bei anderen Volkskrankheiten auch, die eigentlich zu versorgenden Personen kein oder kaum Interesse zeigen.

  • Die Aufklärung durch Allgemeinärzte, Internisten, Gynäkologen und Urologen ist ein weiterer Punkt und nicht vollständig; denn warum sollte ein Kollege, der sich nicht selbst untersuchen lässt, dies seinen Patienten empfehlen. Häufig wird auch ein Hämoccult-Test als vergleichbare Alternative angeführt, da dieser in der Praxis ohne Überweisung des Patienten durchführbar ist.

  • Die Koloskopie ist immer noch als nicht angenehme Methode im Bewusstsein und damit ”leichter vor sich selbst begründbar“ zu umgehen.

  • Alternative Methoden in der Vorsorgekoloskopie fehlen, sind nur unzureichend verfügbar, nicht vergleichbar effektiv oder nicht genügend in der Praxis evaluiert.

Dabei ist gerade dieser Punkt wichtig für die weitere Verbreitung der Vorsorge Dickdarmkrebs. Denn letztendlich ist es egal, ob ein neuer immunologischer Test für okkultes Blut im Stuhl, ein Serumtest, die Koloskopie mittels CT oder MRT, die Kolonkapsel oder neue Koloskope zum Nachweis herangezogen werden. Das Thema ist zu wichtig, um nur eine Methode zu wählen. Aktuell ist und bleibt aber die Koloskopie der Standard.

Ein letzter Punkt ist die korrekte Einstufung des Individualrisikos für Darmkrebs. Familiäre Aufklärung bei Polypen oder Darmkrebs im Verwandtenkreis, die Häufung von Tumoren insbesondere des Gastrointestinaltrakts und andere Faktoren definieren das Alter für die Initialkolo-skopie deutlich vor dem empfohlenen 50.–55. Lebensjahr.

Bleiben wir also am Ball und erreichen für unsere Patienten, für uns selbst und unsere Familien die beste Darmkrebs-Vorsorge!

Bibliografie

DOI http://www.dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304273

Endo-Praxis 2012; 28: 5

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ISSN 0177-4077