Suchttherapie 2012; 13(01): 3
DOI: 10.1055/s-0032-1304681
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie unterwegs – Global-Addiction-Konferenz 2011 in Lissabon

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Publication Date:
09 February 2012 (online)

 

Im Namen der Global Addiction Society konnten die Konferenzleiter Dr. Andrej Kastelic aus Slowenien und Dr. Luis Patricio aus Portugal mehr als 400 Wissenschafter aus aller Welt zur Global-Addiction-Konferenz in Lissabon im Dezember 2011 begrüßen. Das Programm unterlag keinem Leitthema und war entsprechend vielseitig, sodass hier nur eine kleine Auswahl der diskutierten Beiträge vorgestellt werden kann.

In einem ersten Hauptsymposium präsentierten Wissenschaftler der Europä-ischen Beobachtungstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) Perspektiven zur Bedeutung von Standards und Leitlinien zur Sicherung der Behandlungsqualität, zu zukünftigen Herausforderungen und Bedarfen in der Versorgung von suchtkranken älteren Menschen sowie zu innovativen Konzepten in der Opiatsubstitution mit Diamorphin. Die wachsende Bedeutung der Behandlungsqualität mit entsprechenden Standards zeigt sich insbesondere anhand der Opiatsubstitution, die nach Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen europaweit möglich ist.

Dass der Zugang zur Opiatsubstitution dennoch nicht barrierefrei ist, zeigte Prof. Heino Stöver, Frankfurt, in einem weiteren Symposium bei der Präsentation der deutschen Ergebnisse der IMPROVE-Studie. Strukturelle Barrieren sind dafür verantwortlich, dass sich Ärzte aus der Opiat-substitution zurückziehen und das Opiat-abhängige, insbesondere in ländlichen Regionen, keinen adäquaten Zugang zur Behandlung finden. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde im letzten Jahr das europä-ische Netzwerk EQUATOR ins Leben gerufen, das sich zur Aufgabe macht, den Zugang zur Opiatsubstitution in weiteren 11 europäischen Ländern zu evaluieren. Aspekte zur Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger standen auch im Vordergrund weiterer Veranstaltungen, insbesondere zur Pharmakologie und zur Lebensqualität Opiatabhängiger in Substitution.

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Vom 5.–7. Dezember 2011 fand in Lissabon, Portugal, die Global-Addiction-Konferenz mit mehr als 400 Teilnehmern statt. Ein Wahrzeichen der Stadt: der Torre de Belém an der Tejomündung.(Bild: Bildpixel_pixelio.de)

Die besondere Bedeutung des Alkoholkonsums als attributaler Hauptrisikofaktor für eine Vielzahl von Krankheiten und Unfällen wurde in dem Vortrag von Prof. Jürgen Rehm, Toronto/Dresden, eindrücklich unterstrichen. Vergleichende Risikoanalysen einer aktuellen Übersichtsarbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass die aus dem Alkoholkonsum resultierenden weltweiten Krankheitsfolgekosten die des Tabakkonsums, Bluthochdrucks, erhöhten Cholesterinspiegels und Übergewichts übersteigen. Entsprechend ist die frühzeitige Identifikation von Menschen mit Alkoholproblemen von zentraler Bedeutung für die Abwendung alkoholbedingter Folgeschäden, schlussfolgerte Prof. Hanno Alho, Helsinki. Alkoholabhängige Menschen werden nach wie vor oftmals unzureichend diagnostiziert und zu selten suchtmedizinisch behandelt. Eine Schlüsselrolle für die Aufdeckung von Behandlungsbedarfen und eine entsprechende Zuweisung in die suchtmedizinische Versorgung kommt der hausärztlichen Praxis zu.

Der Nutzen der Trinkmengenreduktion bei Menschen mit Alkoholproblemen wurde von Prof. Karl Mann, Mannheim, dargestellt und diskutiert. Longitudinale Studien zeigen die Korrelation zwischen Trinkmenge und assoziierten Krankheitsfolgen wie Krebs oder Lebererkrankungen. Somit kann die Trinkmengenreduktion als ein valides Ziel auf dem Weg zur Abstinenz angesehen werden und hat zudem das Potenziale Alkoholabhängige, die sich bislang von abstinenzorientierten Behandlungszielen abhalten ließen, den Zugang in die suchtmedizinische Versorgung zu ermöglichen.

In weiteren Vorträgen, Seminaren, Workshops und Postersitzungen wurden eine Vielzahl von Forschungsthemen zur Entstehung, Diagnose und Behandlung von stoffgebundenen und nicht stoffgebundenen Suchterkrankungen diskutiert. Das vollständige Kongressprogramm dieser gelungenen Veranstaltung kann unter www.globaladdiction.org eingesehen werden.

Bernd Schulte, Hamburg

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