Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2012; 6(04): 265-276
DOI: 10.1055/s-0032-1305091
Abhängigkeitserkrankungen

Pharmakologisches Neuroenhancement: Substanzen und Epidemiologie

Andreas G. Franke
,
Klaus Lieb
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Kernaussagen

Unter „pharmakologischem Neuroenhancement“ bzw. „Cognitive Enhancement“ versteht man die Einnahme psychoaktiver Substanzen (z. B. Koffein, Ginkgo biloba etc.) durch Gesunde mit dem Ziel der Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit (z. B. Vigilanz, Konzentration, Gedächtnis etc.) oder Stimmung. Der Begriff „Hirndoping“ beschreibt die missbräuchliche Einnahme von verschreibungspflichtigen Medikamenten (z. B. Methylphenidat, Modafinil, Antidementiva etc.) oder illegalen Drogen (z. B. illegale Amphetamine, Kokain etc.). Die prokognitiven Effekte dieser Substanzen im Vergleich zu Placebo sind gering, ihnen stehen jedoch nicht zu vernachlässigende Nebenwirkungen und Sicherheitsrisiken gegenüber, die vom Gebrauch abraten lassen. Die Einnahmeprävalenzen (Lebenszeitprävalenz) zum PN bezüglich verschreibungspflichtiger und illegaler Substanzen unter Schülern und Studierenden sind mit unter 5 % gering, die Einnahmeprävalenzen von Kaffee und Energy Drinks zum PN liegen mit 50 % und 40 % deutlich höher. Die Prävalenzrate der Einnahme von Koffeintabletten zum PN nimmt mit 10 % eine intermediäre Stellung ein.

Eine Aufklärung von Personen, die den Einsatz von verschreibungspflichtigen Medikamenten oder illegalen Drogen zum PN anstreben, ist, falls sie erreichbar sind, auf der Basis evidenzbasierter wissenschaftlicher Erkenntnisse unbedingt notwendig. „Hirndoping“ wirft eine Reihe ethischer und gesellschaftlicher Fragen auf, die einer fortgesetzten Diskussion bedürfen.



Publication History

Publication Date:
18 July 2012 (online)

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