Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2012; 47(3): 188-197
DOI: 10.1055/s-0032-1307468
Fachwissen
Anästhesie & Intensivmedizin Topthema: Management von Organspendern und Organempfängern
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Management von Organspendern und Organempfängern – Spenderkonditionierung und Management der Organentnahme

Management of brain death organ donor
Henning Herrmann
,
Klaudiusz Suchodolski
,
Frank Logemann
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Publication Date:
22 March 2012 (online)

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Zusammenfassung

Der Bedarf an Spenderorganen übersteigt weiterhin die Zahl der potenziellen Organspender. Die Betreuung der Angehörigen eines Spenders im Vorfeld einer Organentnahme darf bei allen Maßnahmen, die zu Optimierung der Organqualität der Spender durchgeführt werden, nicht vernachlässigt werden. Die intensivmedizinische Betreuung hirntoter Patienten zur Organspende ist daher eine komplexe Herausforderung für alle beteiligten Personen.

Die pathophysiologischen Veränderungen bei hirntoten Patienten führen häufig zur hämodynamischen Instabilität sowie zu endokrinen und metabolischen Dysregulationen, in deren Folge es zu einer Schädigung der zur Transplantation vorgesehenen Organe kommen kann. Das Wissen um die komplexen physiologischen Veränderungen ist äußerst wichtig für die Entwicklung effektiver Behandlungspfade für die Betreuung von Organspendern.

Die Behandlung hirntoter Patienten verläuft häufig analog zu der Behandlung septischer Patienten. Hauptziel der Behandlung ist eine suffiziente Kreislauftherapie und eine Normalisierung der endokrinen und metabolischen Dysregulation. Eine adäquate Behandlung und die Optimierung der Organfunktionen eines potenziellen Spenders führen zu einem höheren Organangebot und können die Organfunktion für die zukünftigen Empfänger verbessern.

Abstract

The demand for donor organs continues to exceed the number of organs available for transplantation. The assistance to the family members of a potential donor in forefront of transplantation is as much important as to maintain donor organ function. Caring for a brain dead potential organ donor is therefore major challenge for nurses and physicians.

The pathophysiological changes following brain death entail a high incidence of complications including hemodynamic instability, endocrine and metabolic disturbances, that jeopardize potentially transplantable organs. The knowledge of the complex physiologic changes is crucial to the development of effective donor management strategies.

The management of potential organ donors is similar to the management of patients with severe sepsis. The main goal of that treatment is to achieve hemodynamic stability as well as the normalization of endocrine and metabolic disturbances. Donor optimization leads to increased organ procurement and contributes to improved organ function in the recipient.

Kernaussagen

  • Eine mögliche Organspende darf erst nach Abschluss der Hirntoddiagnostik mit den Angehörigen erörtert werden.

  • Nach dem Ausfall der zerebralen Funktionen kommt es zu pathophysiologischen Veränderungen in allen anderen Organsystemen, die ohne optimale Therapie zu einem Gesamtversagen und dem organischen Tod des Patienten führen.

  • Die häufigste behandlungspflichtige Komplikation eines potenziellen Organspenders ist die Hypotension.

  • Die Therapie der Hypotension erfolgt in erster Linie durch eine ausreichende Substitution mit kristalloiden Vollelektrolytlösungen. Reicht diese Therapie nicht aus, müssen Vasopressoren oder direkte Sympathomimetika zur Anwendung kommen.

  • Das Herz eines hirntoten Patienten ist funktionell denerviert.

  • Eine Indikation zur Transfusion von Blut- und Gerinnungsprodukten sollte insgesamt sehr restriktiv gestellt werden.

  • Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Organperfusion ist das zentrale Ziel der intensivmedizinischen Therapie eines potenziellen Organspenders.

  • Bei ca. 80 % der hirntoten Patienten tritt zum Zeitpunkt der Organentnahme ein Diabetes insipidus auf. Die Therapie erfolgt neben einer ausreichenden Volumen- und Elektrolytsubstitution mit der Gabe von Desmopressin.

  • Eine Beatmungstherapie potenzieller Organspender orientiert sich an dem Konzept der lungenprotektiven Beatmung.

  • Der Anästhesist und die Operateure müssen sich vor der Organentnahme im Operationssaal persönlich sowohl von der regelrecht dokumentierten Hirntoddiagnostik als auch von der Einwilligung zur Organentnahme überzeugen.

Ergänzendes Material