Neuroradiologie Scan 2012; 02(02): 98-99
DOI: 10.1055/s-0032-1309328
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Aneurysma dissecans der Vertebralarterie: Günstiger Langzeitverlauf nicht rupturierter Aneurysmen nach konservativer und/oder interventioneller Therapie

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Publication Date:
11 April 2012 (online)

Der Langzeitverlauf eines nicht rupturierten Aneurysma dissecans der Vertebralarterie (VADA) ist bisher nicht ausreichend untersucht. Im Vordergrund der Symptomatik stehen isolierte Kopfschmerzen im Okzipitalbereich oder fokale neurologische Ausfälle durch Ischämie der Vertebro-Basilar-Arterie.

Bisher wird dem nicht rupturierten VADA ein nicht aggressiver Verlauf mit guter Prognose bescheinigt, sodass etliche Experten für eine konservative Therapie plädieren. Jedoch fehlen einheitliche Strategien zur Dauer und Art der Verlaufskontrolle einschließlich Therapieoptionen. Um diese herauszuarbeiten und zur Diskussion zu stellen, untersuchten der japanische Neurochirurg Yutaka Kai und Mitarbeiter retrospektiv an 100 Patienten mit symptomatischem nicht rupturierten VADA den Verlauf und die begleitende Therapie am eigenen Institut.

Im Zeitraum von 2003 bis 2009 wurden 72 Männer und 28 Frauen im mittleren Alter von 61 Jahren behandelt. Initiale Symptome waren isolierte Kopfschmerzen (n = 66), Ischämiezeichen (n = 30) und Verdrängungserscheinungen (n = 4). Die mittleren Zeitintervalle vom Beginn der genannten Symptomatik bis zur Erstuntersuchung betrugen 5,6 bzw. 3,7 bzw. 9,6 Tage.

Mit erweiterten magnetresonanztechnischen Untersuchungen (MRT, MRA) konnten bei allen Patienten morphologische Kriterien zur Detektion der VADA diagnostiziert werden. Die Kriterien umfassten:

  • eine hohe Signalintensität im Gefäßwandbereich,

  • längerstreckige stenotische Segmente („string sign“),

  • keilförmige Stenosen oder Verschlüsse,

  • Pseudoaneurysmen,

  • lappenförmige Veränderungen der Intima und Unregelmäßigkeiten der Gefäßlumina.

Blutungen konnten in keinem Fall nachgewiesen werden.

Alle bildgebenden Verfahren wurden bei einer Verlaufsbeobachtung von 2 Jahren im Abstand von 2 Wochen sowie 1, 3, 6, 12 und 24 Monaten nach Diagnosestellung wiederholt durchgeführt. Die Auswertung aller Bildgebungen erfolgte durch 2 unabhängige Neurologen.

Alle Patienten erhielten eine konservative Behandlung mit Senkung des systolischen Drucks unter 140 mmHg. Neun Patienten (4 in der Frühphase, 5 innerhalb von 6 Monaten) mussten wegen Verschlechterung der Symptome zusätzlich behandelt werden – davon 1 chirurgisch und 8 interventionell mit Coil-Embolisation. Die übrigen 91 Patienten wurden weiterhin konservativ behandelt. Im Verlauf blieb die Dissektion in 70 Fällen unverändert, verbesserte oder schlossen sich in 18 Fällen und verschwanden in 3 Fällen. 38 Patienten erlitten im Verlauf ischämische Attacken und wurden zusätzlich antithrombotisch behandelt.

Im gesamten Verlauf wurden weder Blutungen noch bleibende Defizite beobachtet. Nach dem ersten halben Jahr (nach 6, 12 oder 24 Monaten) benötigte keiner der 100 Patienten mehr eine zusätzliche Therapie.