Gastroenterologie up2date 2012; 08(03): 235-248
DOI: 10.1055/s-0032-1310119
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Porphyrien

Ulrich Stölzel
,
Thomas Stauch
,
Manfred O. Doss
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Publication Date:
20 September 2012 (online)

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Diese Arbeit haben wir (U. S. und M. O. D.) Herrn Prof. Dr. med. E. O. Riecken zum 80. Geburtstag gewidmet.

Kernaussagen

Definition

  • Porphyrien sind Stoffwechselerkrankungen, denen eine Störung der Hämbiosynthese zugrunde liegt. Klinisch wird zwischen akuten und nicht akuten Porphyrien differenziert.

Akute hepatische Porphyrien

  • Bei symptomatischen akuten hepatischen Porphyrien werden vermehrt neurotoxische Porphyrinvorläufer und Porphyrine synthetisiert. In diese Gruppe gehören die akute intermittierende Porphyrie (AIP), die Porphyria variegata (VP), die hereditäre Koproporphyrie (HCP) und die Doss-Porphyrie (DP). Klinisch entwickelt sich ein akutes Syndrom mit abdominellen, psychiatrischen, neurologischen und kardiovaskulären Symptomen.

  • Eine mehr als 10-fache Erhöhung von Porphobilinogen (PBG) oberhalb der Norm im Spontanurin ist für die Diagnose essenziell. Ausnahmen hiervon bilden lediglich die sehr seltene Doss-Porphyrie (ALSD-Defekt), die Hypertyrosinämie Typ 1 sowie die durch Schwermetalle bedingten akuten hepatischen Porphyriesyndrome (z. B. Pb-Intoxikation), bei denen es hauptsächlich zu einem Anstieg der 5-Aminolävulinsäure (5-ALS) in Blut und Urin kommt.

Nicht akute Porphyrien

  • Bei den nicht akuten Formen – Porphyria cutanea tarda (PCT), hepatoerythropoetische Porphyrie (HEP), erythropoetische (EPP) und X-chromosomale Protoporphyrie (XLPP) sowie kongenitale erythropoetische Porphyrie (CEP) – führen akkumulierte Porphyrine zu Lichtempfindlichkeit der Haut (Fotodermatose) bis hin zu schweren Leberschäden.

  • Der jeweilige Enzymdefekt prägt aufgrund seiner Position in der Hämbiosynthesekette das diagnostisch wegweisende Muster akkumulierter Porphyrine.

Therapie

  • Bei den akuten hepatischen Porphyrien sind neben der symptomatischen Therapie mit nicht porphyrinogenen Medikamenten, Elektrolytausgleich und intensiver Überwachung Glukose und Hämarginat intravenös zur Behandlung etabliert. Komplikationen und progrediente neurologische Symptome trotz adäquater Therapie sollten zur Evaluation in einem Porphyriezentrum (www.porphyrie.de) bzgl. einer Lebertransplantation veranlassen.

  • Die nicht akuten Porphyrien erzwingen die Notwendigkeit eines effektiven Lichtschutzes der exponierten Hautareale (Kleidung, Cremes). Daneben gibt es, je nach Störung, weitere Behandlungs- bzw. Therapieoptionen: bei der Porphyria cutanea tarda Niedrigdosis-Chloroquin-Therapie, Eisendepletion (Aderlass oder Komplexbildner); bei erythropoetischer Protoporphyrie α-MSH-Analoga (Afamelanotid), β-Carotin, α-Tocopherol (systemisch und lokal), ggf. Ursodesoxycholsäure zur Verbesserung der Ausscheidung von Protoporphyrin; bei der X-chromosomalen Protoporphyrie die Gabe von Eisen oder Erythrozytenkonzentraten.

  • Bei therapierefraktären akuten hepatischen Porphyrien und hepatisch dekompensierter EPP bzw. XLPP kann als Ultima Ratio die Lebertransplantation notwendig werden; schwere Verlaufsformen der erythropoetischen Porphyrien (CEP) können durch eine allogene Knochenmarktransplantation geheilt werden.