Via medici 2012; 17(02): 3
DOI: 10.1055/s-0032-1310391
editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Infektiologie für alle Fälle

Dieter Schmid

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. April 2012 (online)

Ich hoffe, Sie haben sich bei der Betrachtung unseres Titelbildes nicht zu sehr erschreckt … Wobei: Ein gewisser Grusel ist schon angebracht. Die Abbildung zeigt nämlich das Antlitz von Anopheles gambiae, einem der effizientesten Überträger der Malaria. Wie keine andere Anopheles-Art sticht sie – angelockt vom typischen Käsegeruch ungewaschener Zweibeinerfüße – mit Vorliebe Menschen. Laut aktuellen Berechnungen von US-Forschern verursachen die Plasmodien, die durch die Stechrüssel solcher Mücken in den Körper von Menschen injiziert werden, pro Jahr 1,24 Millionen Todesfälle [1] – fast doppelt so viele, wie die WHO bislang vermutet hat. Diese Hiobsbotschaft sollte ein starker Impuls sein, sofort den Kampf gegen diese Krankheit zu intensivieren. Doch Fehlanzeige: Forscher, die nach neuen Therapien gegen Malaria oder ähnlichen Geißeln aus ärmeren Teilen der Welt suchen, haben derzeit wegen der Finanzkrise sogar weniger Gelder zur Verfügung. Das spürt auch der „Globale Fonds“, das wichtigste internationale Programm zur Bekämpfung der schweren Infektionskrankheiten Malaria, AIDS und Tuberkulose. Er tut sich immer schwerer, Mittel für neue Förderprogramme aufzutreiben [2].

Einen Weg, wie Sie ganz persönlich gegen diesen Missstand ankämpfen können, beschreiben wir in unserem Artikel „Heilkunst für die heißen Breiten“ (S. 24). Als Tropenmediziner können Sie aktiv an der Entwicklung neuer Konzepte arbeiten, die die Plasmodien, Trypanosomen und Ankylostomen dieser Welt zurückdrängen. Und nicht nur das! Seit einigen Jahren suchen Tropenärzte auch nach Lösungen für die wachsenden nichtinfektiösen Gesundheitsprobleme der Tropen – zum Beispiel Adipositas oder Diabetes mellitus Typ II aufgrund kalorienreicher Fehlernährung. Die prinzipiellen Methoden, die man bei solchen sozialmedizinischen Fragestellungen anwendet, sind von denen der Infektiologie eigentlich gar nicht so weit entfernt: Auch hier geht es darum, „Krankmacher“, die eine Gesellschaft befallen haben, aufzuspüren – und zu beseitigen. In diesem Heft berichtet eine Studentin zum Beispiel von ihrer Promotion über die gesundheitliche Situation der Frauen in Nicaragua (S. 12). Diese ist miserabel, ausgelöst durch eine „Mischinfektion“ aus religiöser Verblendung, mangelnder Bildung und einer tief verankerten Macho-Kultur.

Was lernen wir daraus? Der Stich von Anopheles gambiae gehört sicher zu den größten Gesundheitsrisiken. Ich denke aber, mindestens genauso gefährlich ist die weltweit grassierende „Pandemie“ aus fehlendem Gesundheitswissen. Wer dagegen ankämpfen möchte, muss kein neues Antibiotikum erfinden – es reicht schon, Menschen zu erklären, wie sie gesund bleiben können!

Ein gutes Sommersemester wünscht

Dieter Schmid

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„Keine Bange ... Die Kollegen haben alles im Griff! Aber bei Ihrem nächsten Tropenurlaub sollten Sie vielleicht auf das Barfußlaufen verzichten!“