Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2012; 44(3): 124
DOI: 10.1055/s-0032-1314705
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© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Neue Optionen durch zielgerichtete Therapien

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Publication Date:
25 September 2012 (online)

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Unser Gesprächspartner:
Dr. med. Matthias Kraft

Studium der Humanmedizin an der Justus- Liebig-Universität Gießen und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie, Endokrinologie und Diabetologie, Ernährungsmediziner nach DGEM/DAEM, seit 2003 Oberarzt und seit 2006 leitender Oberarzt sowie stellvertretender Direktor an der Klinik für Innere Medizin A der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.

DZO: Was waren für Sie die wichtigsten Erkenntnisse in den letzten Jahren bezüglich der Behandlung gastrointestinaler Karzinome (Darm, Pankreas, Magen)? Gab es bahnbrechende Ergebnisse oder Highlights?

Dr. Kraft:
Die zielgerichteten Therapien mit monoklonalen Antikörpern stellen für mich die wesentlichen neuen Therapiestrategien im Rahmen solider maligner Tumore dar. Insbesondere bei gastrointestinalen Stromatumoren haben diese die therapeutischen Optionen deutlich erweitert.

DZO: Was halten Sie von der Studie zur Wait-and-See-Strategie bei Rektum-Ca.? In einer prospektiven Studie aus den Niederlanden konnte gezeigt werden, dass es bei Patienten mit Rektumkarzinom sicher ist, auf eine Operation zu verzichten, wenn mit einer neoadjuvanten Radiochemotherapie der Tumor vollständig zum Verschwinden gebracht werden konnte (Maas M/J Clin Oncol 2011).

Dr. Kraft:
Dies stellt einen sehr interessanten Therapieansatz dar, welcher jedoch in weiteren Studien, und hier insbesondere in Langzeitstudien, gegenüber den Standardverfahren evaluiert werden muss. Die Therapie des Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus mittels Radiochemotherapie als definitive onkologische Therapie ist ein gutes Beispiel, wie lange die Etablierung solcher therapeutischer Strategien benötigt. Langzeitstudien sind hier unbedingt notwendig, um sichere Aussagen treffen zu können.

DZO: Wie können Antikörper mit einer adjuvanten Chemotherapie kombiniert werden? Für welche Patienten sind diese besonders geeignet?

Dr. Kraft:
Die Therapie mit Antikörpern ist eine ökonomische Belastung des Gesundheitssystems. Gegenüber oder in Kombination mit etablierten Therapieverfahren stellen sie eine, bei bestimmten Tumorentitäten, revolutionäre Erweiterung der Therapie dar. Hier zeigt sich mehr und mehr, dass eine sinnvolle Therapie der uns anvertrauten Patienten, insbesondere auch zum Schutz der uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, eine individualisierte Therapie sein sollte. Vor dem Einsatz einer zielgerichteten Antikörpertherapie sollte, wo bekannt, die Wirksamkeit dieser Therapie vor Einleitung derselben geprüft werden. Dies sollte zu einer Verbesserung der Outcome-Parameter in weiteren Studien und zu einer erhöhten Therapieakzeptanz führen.

DZO: Wie schätzen Sie die Verträglichkeit dieser neuen Substanzen ein?

Dr. Kraft:
Die Antwort auf diese Frage ist sehr schwierig und hängt von der jeweiligen Substanzklasse ab. Häufig sind es gerade die Nebenwirkungen, die uns ein Therapieansprechen zeigen. Zudem fehlen Daten über Jahre hinweg, sodass eine sichere Aussage, insbesondere auch zur Entwicklung von Zweittumoren, nicht getroffen werden kann.

DZO: Welchen Stellenwert messen Sie komplementären Therapiemethoden zu?

Dr. Kraft:
Komplementäre Therapiemethoden werden im Allgemeinen in ihrer Wertigkeit unterschätzt. Nach meinem Dafürhalten sollten diese wann immer möglich eingesetzt werden, um Nebenwirkungen der Chemotherapie zu mildern und/oder die Lebensqualität zu verbessern. Hierzu fehlen jedoch zumeist prospektive randomisierte kontrollierte Studien. Leider ist es jedoch schwierig, diese durchzuführen, da hierzu eine finanzielle Unterstützung meist nicht erfolgt und somit die Umsetzung der Studien sehr erschwert wird.

DZO: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was tun Sie für sich, um gesund zu bleiben?

Dr. Kraft:
Ich habe zwei kleine Kinder, die mich in meiner Freizeit derzeit nahezu voll ausfüllen und mich in Bewegung halten. Zudem gehe ich regelmäßig joggen.