Transfusionsmedizin 2012; 02(02): 68
DOI: 10.1055/s-0032-1315678
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interview zum Kongress "DGTI 2012" in Graz – "Regenerative Medizin ist eines der großen Zukunftsgebiete"

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Publikationsdatum:
31. Mai 2012 (online)

Der 45. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) findet vom 11.–14. September 2012 in Graz statt. Kongresspräsident Univ.-Prof. Dr. med. Gerhard Lanzer, Vorstand der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin in Graz, gibt im aktuellen Interview eine Vorschau auf Schwerpunktthemen, Highlights und Neues.

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Univ.-Prof. Dr. med. Gerhard Lanzer in seinem Büro in der Grazer Universitätsklinik.(Quelle: privat)

Was werden die herausragenden Themen des DGTI-Kongresses 2012 sein?

Univ.-Prof. Lanzer: Der raschen Entwicklung der Transfusionsmedizin entsprechend, werden sich die Themenbereiche unter anderem der regenerativen Medizin, den ATMPs, facheinschlägigen Vorgaben der interdisziplinär und international umzusetzenden Regelwerke wie z.B. der "Good Manufactoring Practice", der Pathogenabreicherung, aber auch der Blutkomponentenspender- und Produkte-Versorgungssicherheit widmen. Darüber hinaus diskutieren wir auch neue Erkenntnisse der Immunhämatologie und klinischen Transfusionsmedizin und über Plasma und Plasmaderivate. Schon jetzt können sich alle Interessierten auf unserer Website www.dgti2012.de mit Podcasts und Fortbildungsbeiträgen auf die Themen einstimmen.

Was gibt es 2012 Neues?

Univ.-Prof. Lanzer: Unser klinisches Sonderfach schreitet inhaltlich rasch voran. Daher sollen beim Kongress kontroverse Themen nicht nur nacheinander, sondern auch nebeneinander dargestellt und in Pro- und Contra-Diskussionen aufgegriffen werden. Absolut gültige Aussagen sind rar und das Auditorium soll aus bisweilen sehr gegensätzlichen Ansichten Schlüsse für den Eigenbereich ziehen können. Eine weitere – mir sehr wichtige – Neuerung ist die "Zukunftswerkstatt". In diesem Rahmen werden von der DGTI gesponserten Studenten und Nachwuchswissenschaftlern methodische Möglichkeiten zu deren Fortentwicklung dargestellt und Forschungsnetzwerke für die Zukunft geknüpft werden.

Warum sollten sich Studierende und junge Wissenschaftler für die Transfusionsmedizin entscheiden, wo liegen die besonderen Herausforderungen und Perspektiven?

Univ.-Prof. Lanzer: Die Transfusionsmedizin hat sich im Themenbereich der "Zell- und Gewebetherapie" zu einem interdisziplinären klinischen Sonderfach entwickelt. Sie trägt für die Produktsicherheit und Regulativ/Gesetzes-konforme Herstellung gleichermaßen die Verantwortung wie für die Versorgungssicherheit, Ressourcennutzung und den Empfänger- und Spenderschutz. Regenerative Medizin ist eines der großen Zukunftsgebiete medizinischer Grundlagenforschung und deren klinischer Umsetzung. Sie wird zukünftig eine breite Palette therapeutischer Optionen abzudecken haben.

Der 45. DGTI-Jahreskongress richtet sich an Transfusionsmediziner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er soll die Teilnehmer auch dazu anregen, grenzüberschreitende und interdisziplinäre Netzwerke zu knüpfen. Warum ist dies für die Transfusionsmedizin wichtig?

Univ.-Prof. Lanzer: Die Transfusionsmedizin kann sich nur langsam gegenüber ihren klinischen Nachbarfächern emanzipieren. Dies hängt auch am – mancherorts ausschließlich an Impact-Punkten gemessenen – wissenschaftlichen "Output" und an durchaus verbesserungsfähigen Zusammenschlüssen facheinschlägiger Möglichkeiten. Dabei hat sich das – vielfach mit den Aufgaben des Roten Kreuzes assoziierte – Fach von seiner ursprünglichen Aufbringungs-, Einlagerungs-, Kreuzproben- und Verteilungsfunktion zum Verantwortungsträger moderner Herstell- und Anwendungserkenntnisse auf universitärer und klinisch interdisziplinärer Ebene rasant weiterentwickelt. "Minderwertigkeitsgefühle" gegenüber dem angloamerikanischen Raum sind daher unangebracht. Dies international und gegenüber den eigenen Rechtsträgern klarzumachen, muss den transfusionsmedizinischen Mannschaften zum vehement vertretenen Anliegen werden.

Was möchten Sie als Kongresspräsident mit dem 45. DGTI-Jahreskongress erreichen? Was sollte ein Wissenschaftler, was ein praktisch tätiger Transfusionsmediziner, was ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter aus benachbarten Fachgebieten vom Kongress mitnehmen?

Univ.-Prof. Lanzer: Erkenntnisgewinn, kollegiale Treffen und Diskussionen, Aufmunterung und Motivation für die eigene Arbeit, sowie bleibende Eindrücke aus einer wunderschönen Stadt.

Warum ist es für Transfusionsmediziner einfach unverzichtbar, in diesem Jahr zum Jahreskongress nach Graz zu kommen?

Univ.-Prof. Lanzer: Um zu der Zukunftsmannschaft "Transfusionsmedizin" dazuzugehören, sich selbst facheinschlägig zu präsentieren beziehungsweise sich weiterzuentwickeln, sich Instituts- und grenzüberschreitend zu vernetzen und um die steirische Landeshauptstadt Graz kennen zu lernen!

Das Interview führte Julia Hommrich, Stuttgart.