Gesundheitswesen 2012; 74 - A17
DOI: 10.1055/s-0032-1322003

Gesundheitliche Folgen und sozioökonomische Kosten von Partnergewalt gegen Frauen in Deutschland. Ein Überblick des bestehenden (inter-)nationalen Forschungsstandes

P Brzank 1
  • 1Hochschule Fulda

Hintergrund: Etwa jede vierte Frau in Deutschland hat mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch einen Intimpartner erlitten (BMFSFJ 2004). Die gesundheitlichen und sozialen Folgen für die Betroffenen und ihre Kinder sind gravierend. Nach der WHO stellt Gewalt ein sehr hohes Risiko für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffen dar. Gesamtgesellschaftlich entstehen durch Partnergewalt gegen Frauen hohe Kosten.

Methodik: Anhand bestehender internationaler Studien, Statistiken und Kostenschätzungen wird ein Überblick über die durch Partnergewalt gegen Frauen entstehenden Folgen für die Gesundheit der Betroffenen und ihrer Kinder gegeben sowie die direkten und indirekten Kosten, die für die einzelnen und die Gesellschaft in den einzelnen Bereichen entstehen, aufgelistet.

Ergebnisse: Partnergewalt erhöht das Risiko für Erwerbs- sowie Wohnungslosigkeit der Betroffenen und damit für Armut. Die Mehrkosten im Gesundheitssektor sind belegt: Betroffene Frauen suchen häufiger Gesundheitsversorgungseinrichtungen auf, weisen höhere Operationsraten und schwerwiegendere Operationen sowie stationäre Aufenthalte auf und nehmen mehr psychologische bzw. psychiatrische Behandlungseinrichtungen in Anspruch als die Vergleichsgruppen. Die höhere Inanspruchnahme von medizinischen Versorgungseinrichtungen verursacht höhere Gesundheitskosten. Kostenschätzungen kommen je nach Studiendesign und länderspezifischem Versorgungssystem zu einer jährlichen Mehrbelastung in Höhe von 6 bis 550 EUR per capita für die Bereiche Justiz, Gesundheit, Schutz und Transferleistungen. Einigkeit besteht darüber, dass ein frühzeitiges Erkennen von gewaltverursachten Verletzungen und Beschwerden sowie eine ursachenadäquate Behandlung auf längere Sicht eine Kostenreduzierung im Gesundheitswesen sowie in anderen Bereichen bewirken kann.

Fazit: Bislang liegt für Deutschland keine Kostenschätzung vor. Die internationalen Erkenntnisse sowie die Prävalenz von Partnergewalt gegen Frauen in Deutschland legen den dringenden Handlungsbedarf dar. Bestehende Projekte verdeutlichen, dass Intervention und Prävention von Partnergewalt innerhalb der Gesundheitsversorgung möglich und erfolgreich ist.

Literatur:

BMFSFJ (2004): 'Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland.' Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Brzank P (2009): 'Häusliche Gewalt gegen Frauen: Soziökonomische Folgen und gesellschaftliche Kosten. Einführung und Übersicht.' Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 52(3): 330–8.