Gesundheitswesen 2012; 74 - A30
DOI: 10.1055/s-0032-1322016

Einführung eines Screeningverfahrens (DESK 3–6) in Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern (M-V) im Rahmen des novellierten Kindertagesförderungsgesetzes (KiföG M-V): Bewertung des DESK 3–6 durch Erzieherinnen in Abhängigkeit zu Merkmalen der

M Franze 1, A Gottschling 1, W Hoffmann 1
  • 1Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine

Einleitung: Die Novellierung des Kindertagesförderungsgesetzes in M-V (KiföG M-V vom 08.07.2011) schreibt eine gezielte individuelle Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen (Kitas) auf Basis der Anwendung des „Dortmunder Entwicklungsscreening für den Kindergarten (DESK 3–6)“ vor [12]. Da das DESK durch zuvor geschulte Erzieherinnen durchgeführt wird, wurde der Einfluss von Personenvariablen auf Erzieherseite auf die Bewertung des DESK/der DESK-Schulungen untersucht. Das Konstrukt Selbstwirksamkeit (SE) als „subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenz bewältigen zu können“ [3] stellt eine zentrale Moderatorvariable im Hinblick auf Lehr- und Lernleistungen dar [4].

Methoden: Die schriftlichen Befragungen erfolgten im Anschluss an die initialen DESK-Schulungen (April-November 2011). Die Erfassung der bereichsspezifischen SE erfolgte per single-item-Messung („Auch wenn ich mich noch so sehr für die Entwicklung von Kindern im Alter von 3–6- Jahren engagiere, weiß ich, dass ich in meiner Einrichtung diesbezüglich nicht viel ausrichten kann“). Unterschieden wurden Erzieherinnen mit hoher SE (Item-Beantwortung mit „stimmt nicht“) bzw. niedriger SE (Item-Beantwortung mit „stimmt kaum“/„stimmt eher“/„stimmt genau“).

Ergebnisse: 78,3% der 836 befragten Erzieherinnen weisen eine hohe SE auf. Erzieherinnen mit hoher SE bewerten im Vergleich zu KollegInnen mit niedriger SE das DESK in höherem Maße als (1) hilfreich zur Erkennung von Anzeichen von Entwicklungsgefährdungen bei 3–6-Jährigen, schätzen (2) die Wichtigkeit der angebotenen Schulungsinhalte höher ein und geben (3) in höherem Maße an, durch die Schulung hilfreiche Anregungen/neue Perspektiven gewonnen zu haben (jeweils p<0,01).

Diskussion: Die durch das KiföG M-V geänderten Rahmenbedingungen (hier: DESK-Einführung) stellen eine neue Anforderungssituation dar. Aufgrund der hohen Stabilität des Persönlichkeitsmerkmals SE bei Erwachsenen [5] ist eine reverse Kausalität unwahrscheinlich. Da somit anzunehmen ist, dass die Implementation des KiföG durch Erzieherinnen auch vom individuellen Grad an SE abhängt, sollte die SE zukünftig im Zuge der KiföG-Evaluation als Moderatorvariable berücksichtigt werden. Eine Methodikerweiterung inkl. Erfassung von bereichsunspezifischer SE und locus of control wird angestrebt.

Literatur:

[1] Franze M, Gottschling A, Hoffmann W. Das Dortmunder Entwicklungsscreening für den Kindergarten (DESK 3–6) als Basis gezielter individueller Förderung in Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern: Erste Ergebnisse des Modellprojekts „Kinder in Kitas (KiK)“ zur Akzeptanz des DESK 3–6 bei Erziehenden. Bundesgesundheitsblatt 2010 12: 1290–1297

[2] Gottschling A, Franze M, Hoffmann W. Entwicklungsverzögerungen bei Kindern in Kindertagesstätten und Einschülern. Ein Screeningverfahren als Grundlage der bedarfsgerechten Planung von gezielter individueller Förderung in Mecklenburg-Vorpommern. Deutsches Ärzteblatt 2012 7: 308–209

[3] Schwarzer R, Jerusalem M. Das Konzept der Selbstwirksamkeit. Zeitschrift für Pädagogik 2002 44: 28–53

[4] Heller S S, Boothe A, Keyes A, Nagle G. Implementation of a mental health consultation model and its impact on early childhood teacher's efficacy and competence. Infant Mental Health 2011 32(2): 143–164

[5] Luszczynska A, Gutiérrez-Dona B, Schwarzer R. General self-efficacy in various domains of human functioning: Evidence from five countries. International Journal of Psychology 2005 40(2): 80–89