Gesundheitswesen 2012; 74 - A33
DOI: 10.1055/s-0032-1322019

Bedeutung personbezogener Kontextfaktoren für die medizinische und berufliche Rehabilitation

HP Gmünder 1, HP Rentsch 1, K Schmitt 1, U Schwegler 1
  • 1Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation – SAR

Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF, Originaltitel: International Classification of Functioning, Disability and Health) ist eine Klassifikation im Rahmen einer Familie von Klassifikationen für die Anwendung auf verschiedene Aspekte der Gesundheit. Dahinter steht ein Modell, welches eine umfassende Sichtweise verschiedener Dimensionen von gesundheitlicher Integrität und Behinderung liefert und diese systematisch und in einer einheitlichen Sprache erfassbar macht. Personbezogene Kontextfaktoren, welche in der ICF bisher nicht klassifiziert wurden, sind dem Individuum innewohnende Faktoren und stellen somit einen wesentlichen Teil des Lebenshintergrundes eines Menschen dar, welcher die Auswirkungen einer Gesundheitsstörung oder Krankheit modellieren kann.

Behandlungsziele und -konzepte lassen sich in der Rehabilitation nur teilweise aus den medizinischen Diagnosen ableiten. Erst durch eine strukturierte Integration der ICF-Kategorien können präzise Behandlungspfade aufgebaut und die daraus resultierenden Behandlungsmassnahmen umgesetzt werden. Durch eine Standardisierung von Teilhabezielen unter Berücksichtigung der weiteren Komponenten der ICF, insbesondere auch der personbezogenen Kontextfaktoren, wird die praktische Umsetzung von Diagnose- und ICF-orientierten Behandlungspfaden wesentlich erleichtert. Speziell in der beruflichen Rehabilitation und der sozialmedizinischen Begutachtung könnte ein ergänzendes ICF-basiertes Assessment die Evaluation der Funktionsfähigkeit transparenter und nachvollziehbarer gestalten und somit wesentlich verbessern.

Eine Strukturierung und Standardisierung anhand ICF-basierter Assessments und Behandlungspfade ermöglicht eine auf das Individuum deutlich besser angepasste Vorgehensweise, als dies durch Abklärungs- und körperfunktionsorientierte Behandlungsprozesse erreicht werden kann, welche in erster Linie auf die medizinische Diagnose fokussieren.

Literatur:

Grotkamp S et al:Personbezogene Faktoren der ICF – Entwurf der AG 'ICF' des Fachbereichs II der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP). Gesundheitswesen 2010 72 72:908–916.

Geyh S et al: The Personal Factors of the International Classification of Functioning, Disability and Health in the literature – a systematic review and content analysis. Disability and Rehabilitation 2011 33:1089–1102