Dialyse aktuell 2012; 16(06): 337
DOI: 10.1055/s-0032-1322474
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Punktionstechnik bei der Hämodialyse – Was ist besser – Knopfloch- oder Strickleiterpunktion?

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Publication Date:
19 July 2012 (online)

 

Quelle: Chow J, Rayment G, San Miguel S, Gilbert M. A randomised controlled trial of buttonhole cannulation for the prevention of fistula access complications. J Ren Care 2011; 37: 85–93

Thema: In den Anfangstagen der Dialyse war Dialysezubehör – und so auch Punktionskanülen – nur begrenzt verfügbar, sodass Punktionskanülen häufig aufbereitet wurden. Durch den Mehrfachverbrauch wurden die Kanülen stumpf und schnitten die Haut bei der Punktion nicht mehr im gewünschten Maße. Um dieser Herausforderung zu begegnen, entwickelte Twardowski in den 1970er-Jahren die "Constant-site"-Technik [ 1 ], die seit 1984 als Knopflochpunktion bezeichnet wird. Mehr als ein Jahrzehnt galt die Technik als Technik der Wahl. Mit steigender Verfügbarkeit von Einmalmaterial wurde die Wiederverwendung eingestellt. Es gab daher keine sich abstumpfenden Kanülen mehr. Auch ließ sich die Kreation des Stichkanals durch immer denselben Punkteur organisatorisch schwerer realisieren. Spätestens seit den 1990ern musste die Knopflochtechnik der Strickleiterpunktion als Goldstandard weichen.

In den letzten beiden Jahren hat die Knopflochpunktion eine Wiederbelebung erfahren. Gegenwärtig wird sie vor allem für Heimdialysepatienten, Patienten mit kurzen Punktionsstrecken oder schwierige Punktionen favorisiert. Einige Zentren, etwa in Biel (Schweiz), haben sogar inzwischen die Hälfte ihrer Patienten auf diese Technik umgestellt.

Projekt: Die beschriebene multizentrische, prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie von Chow et al. setzt hier an und hat die Fragestellung, ob Fistelpunktionen in Knopflochtechnik zu weniger Komplikationen und verlängertem Fistelüberleben im Vergleich zur Strickleiterpunktion führen. 70 Patienten wurden in die Studie einbezogen. Sie unterschieden sich nicht hinsichtlich demografischer Daten, Grunderkrankungen, Komorbiditäten und Fistelfluss. In der Interventionsgruppe hatten 2 Patienten eine Kunststofffistel, alle anderen einen nativen Shunt.

Alle Patienten erhielten zum Studienbeginn eine Basisuntersuchung. Erfasst wurden die Lebensqualität (KDQOL vs. 1.3), der Zustand der Fistel, die Nadelgröße, der durchschnittliche Blutfluss sowie durchschnittliche arterielle und venöse Drücke bei der Behandlung, der durchschnittliche Punktionsschmerz (VAS nach Wong-Baker), der Gebrauch von Hautanästhetika, durchschnittliche Hämostasezeiten, Laborparameter und Komplikationen (örtliche oder generalisierte Infektionen, Hämatome, venöse Stenosen, Thrombosen, schwierige Punktionen). Bei den Patienten der Interventionsgruppe wurden nun Knopflöcher durch designierte, geschulte Pflegekräfte angelegt, die Patienten der Kontrollgruppe wurden strickleiterpunktiert. Bei allen Patienten wurden bei jeder Behandlung Punktionsschmerz und Komplikationen erfasst, klinische Daten wurden den monatlichen Routineuntersuchungen entnommen. Zum Studienende wurden die gleichen Parameter wie zum Studienbeginn erfasst.

Ergebnisse: 24 Patienten der Interventionsgruppe und 30 Patienten der Kontrollgruppe konnten über 6 Monate beobachtet werden. Bezüglich Lebensqualität, Aussehen der Fistel, Anzahl der Punktionsversuche bis zum Erfolg, Zugangstyp, Hämostasezeiten und Punktionsschmerz konnten keine Unterschiede festgestellt werden. In der Interventionsgruppe hatten die Patienten doppelt so viele Fistelkomplikationen, 4-mal mehr Hämatome, 5-mal mehr Schmerzen in der Fistel während der Dialyse und 4-mal mehr Fistelinfektionen. Alle Patienten mit Fistelinfektion erhielten eine systemische Antibiose, einer musste stationär behandelt werden.

Fazit: Die Studie zeigte, dass die Technik der Knopflochpunktion in den beteiligten Dialysezentren zu vermehrten Fistelinfektionen, Hämatombildung und Schmerzen in der Fistel während der Dialyse führte. Dass das Pflegepersonal vor Studienbeginn noch nicht vertraut mit der Knopflochtechnik war, wird als möglicher Einfluss auf das Studienergebnis hervorgehoben.

Schlüsselwörter: Knopflochpunktion – Punktionstechnik – Hämodialysezugang

Hedi Lückerath, Siegburg

Kommentar

Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Widerspruch zu anderen Publikationen zum Thema [2, 3]. Ein maßgeblicher Grund dafür dürfte die mangelnde Erfahrung der Pflegekräfte mit der Knopflochtechnik sein. Wie in der Studie hervorgehoben, waren die meisten Pflegekräfte theoretisch in der Punktionsmethode geschult, mussten die praktische Technik aber erst während der Studie erlernen. Mangelnde Erfahrung mag der Grund dafür gewesen sein, dass es in der Interventionsgruppe mehr Fehlpunktionen und punktionsbedingte Hämatome gab. Mangelnde Recherche könnte zu den Infektionen geführt haben: Dass vor der Entfernung der Kruste eine Hautdesinfektion erfolgen sollte, wurde erst im Studienverlauf erkannt.

Ein Methodenvergleich setzt immer voraus, dass die zu vergleichenden Methoden auch gleich gut beherrscht werden – dies ist der Studie anzulasten. Es ist und bleibt begrüßenswert, dass Pflegepersonal offen für ungewohnte Techniken ist. Das darf aber nicht dazu führen, dass neue Techniken einfach mal ausprobiert werden – selbst, wenn das theoretische Wissen dazu umfassend ist. Wie aber beginnen? Hier bleibt nichts anderes, als Hospitationsmöglichkeiten und Supervision durch Erfahrene zu suchen. Dies zu ermöglichen, wäre eine dankbare Aufgabe für Fachverbände und vielleicht auch für die Hersteller der Punktionskanülen.

Hedi Lückerath, Siegburg

 
  • Literatur

  • 1 Twardowski Z, Kubara H. Different sites versus constant sites of needle insertion into arteriovenous fistulas for treatment by repeated dialysis. Dial Transpl 1979; 8: 978-980
  • 2 Verhallen AM, Kooistra MP, van Jaarsveld BC. Cannulating in haemodialysis: Rope-ladder or buttonhole technique?. Nephrol Dial Transplant 2007; 22: 2601-2604
  • 3 Van Loon M, Goovaerts T, Kessels AGH et al. Buttonhole needling of haemodialysis arteriovenous fistulae results in less complications and interventions compared to the rope-ladder technique. Nephrol Dial Transpl 2010; 25: 225-230