Aktuelle Urol 2012; 43(04): 231-233
DOI: 10.1055/s-0032-1322497
Klinik und Praxis
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Selbstmanagement – Burnout erkennen und vermeiden

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Publication Date:
06 August 2012 (online)

Vielleicht kennen Sie das: Sie arbeiten viel länger als Sie sollten, Sie tun das Bestmögliche für Ihre Patienten – doch keiner dankt es Ihnen. Und wenn Sie nach Hause kommen, wollen Sie eigentlich nur noch Ihre Ruhe. Nicht selten führen solche Belastungen zu Burnout. Schätzungsweise 20 % der Ärzte sind davon betroffen. Wir zeigen Ihnen, was Sie für sich selbst tun können.

Ausweichdiagnose, Modebegriff, eigenständiges Erkrankungsbild oder einfach nur ein gut klingendes Synonym für "Depression"? Über kaum eine Erkrankung wird derzeit so viel diskutiert wie über Burnout. Nicht nur in Fachkreisen sorgt das Thema für Zündstoff, auch in den Medien rücken psychische Beschwerden zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. Allein "Der Spiegel" machte das Ausgebranntsein im vergangenen Jahr zweimal zum Heftaufmacher. Mit Erfolg: Keine andere Ausgabe verkaufte sich 2011 so gut wie die beiden Burnout-Hefte.

Ein Blick in die aktuellen Gesundheitsreporte der Krankenkassen offenbart: Der Anteil der psychischen Erkrankungen an den Krankentagen der Versicherten nimmt seit Jahren zu – mit rund 13–17 % nehmen die so begründeten Ausfallzeiten einen Spitzenplatz ein. Zwar gehen die meisten wegen Erkältungen und Grippe zum Arzt, doch psychische Beschwerden legen einen Patienten länger lahm. Durchschnittlich 30–42 Tage pro Fall [1–3].

Werden wir empfindlicher?

Prof. Frank Schneider, Past President der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), glaubt nicht an Burnout als Volkskrankheit. "Es ist so, dass die Krankheit selbst nicht zunimmt", sagte er in einem Gespräch mit der ARD. Allerdings stiegen sowohl die Behandlungsnotwendigkeit als auch die -bereitschaft: "Patienten gehen viel eher in die Behandlung hinein", so der Aachener Psychiater.


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Nutzt die Popularität?

Wie Schneider und die DGPPN begrüßen viele Experten, dass durch das öffentliche Interesse die Stigmatisierung psychisch Erkrankter schwindet. Gleichzeitig sehen sie aber auch eine Gefahr [4]: Die Grenzen zwischen Depression und Burnout verwischen im Sprachgebrauch zusehends. So werde Burnout zur Depression der arbeitenden Bevölkerung – eine Verharmlosung, die v. a. eines nach sich ziehen könnte: die falsche Therapie einer echten Depression.

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Jeder hat bei der Arbeit mal einen Durchhänger und ist erschöpft, urlaubsreif etc. Das heißt noch nicht, dass man an Burnout leidet. Kritisch wird es nach Ansicht von Dr. Thomas Bergner dann, wenn einem gar nichts mehr Freude bereitet.(©Anna-Luise Vogel/Thieme)

Seit über 15 Jahren beschäftigt sich Dr. Thomas Bergner mit Burnout. Der Coach und Buchautor betrachtet das ganze noch aus einer anderen Perspektive. Er fürchtet, dass das öffentliche Interesse Aktionismus hervorruft: "Da wird suggeriert, wenn man für seine Mitarbeiter ein bisschen Sport und Entspannung anbietet, könne man einem Burnout vorbeugen." Für Arbeitgeber ein gutes Alibi – an den eigentlichen Bedürfnissen der Betroffenen ginge das jedoch vorbei.


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Die richtige Hilfe ist nötig

Wie gravierend die Folgen eines Burnouts sein können, hat Assistenzärztin Sabine Schelling[ * ] im eigenen Freundeskreis erlebt. Einer ihrer Freunde hatte sich im Mai 2011 das Leben genommen, für alle überraschend. "Erst nach und nach wurde uns klar, wie stark er sich verausgabt hatte", erzählt die Ärztin. Arbeitskollegen berichteten von seinen Autofahrten quer durch die Republik, auch nachts – nur, um am nächsten Morgen wieder einsatzbereit zu sein. Oft kam er zu privaten Verabredungen später oder sagte ganz ab. "Ich habe mir vorher schon Gedanken zu Burnout gemacht, vor allem wegen meiner eigenen Arbeitsbelastung", sagt Schelling. Nun ist sie unsicher: "Kann man die wirklich Gefährdeten überhaupt erkennen?"


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