Die ambulante Inanspruchnahme ist in Deutschland mit ca. 17 Arztkontakten/Jahr im
internationalen Vergleich hoch. So beträgt in Norwegen die Zahl der Arztkontakte ca.
5/Jahr. Ein verbreitetes Modell des Inanspruchnahmeverhaltens ist Andersens Behavioral
Model. Andersen unterschied in seinem Modell prädisponierende Faktoren (demographische
Faktoren, Sozialstruktur, Health Beliefs), ermöglichende Faktoren (Familie, Gemeinde)
und den wahrgenommenen Bedarf medizinischer Versorgung. Später ergänzte Andersen das
Modell um Aspekte des Gesundheitssystems (Policy, Ressourcen, Organisation).
Fragestellung: Kann Andersens Behavioral Model die hohe Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung in
Deutschland im Vergleich zu Norwegen erklären?
Methodik: Wir verglichen die Faktoren aus Andersens Behavioral Model zwischen Deutschland und
Norwegen. Datengrundlage waren öffentlich zugängliche statistische Angaben. Wir bestimmten
für jeden einzelnen Faktor, in welche Richtung und in welcher Größenordnung er die
Inanspruchnahme nach Andersens Modell beeinflussen sollte.
Ergebnisse: Prädisponierende Faktoren unterschieden sich zwischen Deutschland und Norwegen nicht
grundlegend. Zu Health Beliefs konnten wir keine vergleichbaren Daten finden. Die
ermöglichenden Faktoren Familie und Gemeinde sind in Norwegen stärker ausgeprägt,
was nach Andersens Modell zu einer höheren Inanspruchnahme in Norwegen führen sollte.
Während der Bedarf medizinischer Versorgung bei ähnlicher Morbidität in Deutschland
und Norwegen gleich sein sollte, finden sich zum wahrgenommenen Bedarf keine Daten.
Aspekte des Gesundheitssystems können die unterschiedliche Höhe der Inanspruchnahme
nur zu einem kleinen Teil erklären.
Schlussfolgerung: Andersens Health Belief Model kann die Unterschiede in der Inanspruchnahme zwischen
Deutschland und Norwegen nur zu einem kleinen Teil erklären. Die Bedeutung subjektiver
Faktoren des Modells wie Health Beliefs und wahrgenommener Bedarf bleibt jedoch offen.
Deutschland - Inanspruchnahme - Norwegen