Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A341
DOI: 10.1055/s-0032-1323504

Psychologische Konstrukte als Prädiktoren der Krankheitsbelastung bei Patientinnen mit Fibromyalgiesyndrom

A Ullrich 1, M Glattacker 1, UT Egle 2, I Ehlebracht-König 3, W Geigges 4, V Köllner 5, M Kruse 6, WH Jäckel 1
  • 1Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • 2Celenus Fachklinik Gengenbach GmbH, Klinik Kinzigtal, Kinzigtal
  • 3Rehazentrum Bad Eilsen, Bad Eilsen
  • 4Reha-Klinik Glotterbad, Glottertal
  • 5MediClin Bliestal Kliniken, Blieskastel
  • 6Rheumaklinik Aachen, Aachen

Hintergrund: Das Fibromyalgiesyndrom (FMS) ist charakterisiert durch chronische, multilokuläre Schmerzen. Studien haben die Relevanz von psychischen Komorbiditäten (Angst, Depression) z.B. bzgl. der Lebensqualität von FMS-Patienten (1) nachweisen können. Andere psychologische Konstrukte wie subjektive Krankheitskonzepte (subj. KK,2), Selbstwirksamkeitserwartungen (SWE,3) oder Kindheitserfahrungen (KE,4) konnten als Prädiktoren für Entstehung, Aufrechterhaltung oder Behandlungserfolg identifiziert werden. Im Folgenden gehen wir der Frage nach, inwiefern psychologische Konstrukte unter Berücksichtigung psychischer Komorbiditäten einen Beitrag zur Vorhersage der Krankheitsbelastung (KB) bei FMS-Patienten leisten.

Methodik: Die Daten wurden in 6 Reha-Kliniken zu Reha-Beginn erhoben. Es wurde eine lineare Regressionsanalyse gerechnet. Die Erfassung der KB erfolgte mit dem FIQ-G. Folgende Konstrukte wurden blockweise als Prädiktoren berücksichtigt: 1) Soziodemographie; 2) psychische Komorbiditäten (HADS-D); 3) psychologische Konstrukte: SWE (ASES-D), subj. KK (B-IPQ), KE (KFB).

Ergebnisse: Die Stichprobe umfasste 420 Patientinnen mit einem Altersdurchschnitt von M=50 Jahren (SD: 7,7). Die multivariate Berechnung ergab, dass ein hoher Schulabschluss (β=–0,08, p=0,04), Depression (β=0,25, p<0,001) und Angst (β=0,17, p=0,01) prädiktive Relevanz bzgl. der KB besitzen. Zusätzlich stellten subj. KK (Konsequenzen der FMS β=0,20, p=0,001; Symptom-Zuschreibung zum FMS β=0,13, p=0,02) und SWE (β=–0,10, p=0,026) signifikante Prädiktoren dar. Die Variablen klärten 43% der Varianz der KB auf.

Fazit: Subj. KK und SWE stellen zusätzlich zu psychischen Komorbiditäten relevante Prädiktoren der KB bei FMS dar. Daher sollte zu Reha-Beginn ein besonderer Fokus auf psychologische Aspekte gelegt werden. Daraus könnten Ansatzpunkte für eine bessere Therapieplanung bei FMS-Rehabilitanden abgeleitet werden.

Dank: Wir danken allen Reha-Kliniken, die sich an der Datenerhebung beteiligt haben.

Literatur: 1 Campos RP, Rodriguez Vázquez MI. Health-related quality of life in women with fibromyalgia: clinical and psychological factors associated. Clin Rheumatol 2012; 31:347–355

2 Glattacker M, Opitz U, Jäckel WH. Illness representations in women with fibromyalgia. British Journal of Health Psychology 2010; 15(2):367-387

3 Dobkin PL, Liu A, Abrahamowicz M, Ionescu-Ittu R, Bernatsky S, Goldberger A, Baron M. Predictors of disability and pain six months after the end of treatment for fibromyalgia. Clinical Journal of Pain 2010; 26:23-29

4 Imbierowicz K, Egle UT. Childhood adversities in patients with fibromyalgia and somatoform pain disorder. Eur J Pain 2003; 7:113-119