Z Gastroenterol 2012; 50 - V31
DOI: 10.1055/s-0032-1323880

Haben alkoholhaltige Kinderarzneimittel gastrointestinale Nebenwirkungen? Epidemiologische Daten

O Kelber 1, C Nauert 2, A Biller 3, B Steinhoff 4, M Adler 5, H Abdel-Aziz 1, SN Okpanyi 1, K Kraft 6
  • 1Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Wissenschaftliche Abteilung, Darmstadt, Germany
  • 2Cassella-med GmbH & Co. KG, Köln, Germany
  • 3Dr. Loges + Co. GmbH, Winsen, Germany
  • 4Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V., Bonn, Germany
  • 5Institut für Naturheilverfahren Siegen, Siegen, Germany
  • 6Lehrstuhl für Naturheilkunde, Zentrum für Innere Medizin, Universität Rostock, Rostock, Germany

Alkohol gehört zu den wichtigsten Auslösern gastrointestinaler Beschwerden [1]. Da Alkohol auch Bestandteil einer Reihe von pflanzlichen Kinderarzneimitteln ist, sollte der Frage nachgegangen werden, ob im Zusammenhang mit diesen Arzneimittel alkoholbedingte Nebenwirkungen auftreten. Nach gängiger Lehrbuchmeinung [2, 3, 4], gilt der Alkoholgehalt diese Arzneimittel als unbedenklich, doch hat das zunehmende Problem des Alkoholmissbrauchs bei Jugendlichen in den letzten Jahren hier Diskussionen ausgelöst [5, 6].

Zur Beantwortung der Frage wurde zunächst eine systematische Auswertung pro- und retrospektiver Studien durchgeführt. Es konnten 17 Studien mit insgesamt 50.415 Kindern im Alter von 0–12 Jahren zu 10 alkoholhaltigen pflanzlichen Arzneimitteln erfasst und auf Nebenwirkungen hin ausgewertet werden. Von den insgesamt 15 erfassten UAWs war keine auf den Alkoholgehalt zurückführbar.

Zudem wurden Marktzahlen und Nebenwirkungsmeldungen zu diesen und 6 weiteren alkoholhaltigen pflanzlichen Arzneimitteln ausgewertet. In den letzten Jahren wurden 764 Mio. Tagesdosen abgegeben, was nach rechnerischer Abschätzung 33 Mio. Patienten entspricht (Angaben der Hersteller, Zahlen liegen teils ab 1993, teils ab 2003/4 vor). Von den zwischen 2005 und 2009 verkauften Packungen entfielen 48,1 Mio. auf die Selbstmedikation und 10,8 Mio. auf die Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen (IMS, Frankfurt). Zumindest letztere wurden sicherlich zu 90% bei Kindern angewendet. Diesen Zahlen standen keine auf den Alkoholgehalt zurückführbaren Nebenwirkungsmeldungen gegenüber.

Die Daten bestätigen, dass der Alkoholgehalt pflanzlicher Arzneimittel selbst für Kinder unbedenklich ist, und dass diese Präparate, anders als alkoholische Getränke, keine Rolle für die Auslösung alkoholbedingter gastrointestinaler Beschwerden spielen.

[1] Bode, C. und Bode J.C. 1997. Alcohol Health & Res. World 21: 76; [2] Schilcher, H, Dorsch W: Phytotherapie in der Kinderheilkunde. Wiss. Verlagsges. mbH, Stuttgart, 2006.; [3] Schilcher, H, Kammerer S, Wegener T: Leitfaden Phytotherapie. Elsevier, München 2010; [4] Kelber, O. et al. 2008. Pharm Ind; 70: 1124–1128; [5] HMPC 2010. EMA/HMPC/85114/2008; [6] Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) 2011. Bundesanzeiger 21 vom 08. Februar 2011.

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Donnerstag, 20. September 2012/10:30–12:00/Saal C