Z Gastroenterol 2012; 50 - V33
DOI: 10.1055/s-0032-1323882

Psychosoziale Faktoren prädisponieren für das Auftreten von Reisediarrhoe

EE Schmidt 1, B Löwe 1, V Andresen 2, M Rose 1, GD Burchard 3, P Layer 2, AW Lohse 4, W Broicher 1
  • 1Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • 2Israelitisches Krankenhaus, Medizinische Klinik, Hamburg, Germany
  • 3Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg, Germany
  • 4I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany

Einleitung: Reisediarrhoe (RD) ist die häufigste Erkrankung bei Reisenden in tropische und subtropische Regionen mit Inzidenzraten zwischen 10 und 60%. RD ist eine selbst limitierende Erkrankung. Dennoch führt die Symptomatik bei einem Drittel der Betroffenen zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung auf Reisen, und bei 2% kommt es zu einer Persistenz der Beschwerden von einem Monat oder länger. 4–10% der Erkrankten entwickeln in Folge ein postinfektiöses Reizdarmsyndrom (PI- IBS).

Ziele: Das Ziel dieser Arbeit war in einem prospektiven Studiendesign psychosoziale Risikofaktoren zu identifizieren, welche für eine RD prädisponierend oder protektiv wirken.

Methodik: Von Januar bis August 2011 wurden Menschen in der Impfsprechstunde des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin kontaktiert. Nach Einwilligung wurden in die Studie Erwachsene ohne vorbekannte strukturelle Darmerkrankung vor einer Fernreise eingeschlossen. Mit etablierten psychologischen Testinstrumenten wurden mittels Fragebogen vor der Reise u.a. psychische Risikofaktoren erfasst. Nach der Reise wurde das Auftreten einer RD abgefragt. In der Auswertung wurden die Skalenwerte der Gruppe der RD-Erkrankten und der gesunden Kontrollgruppe verglichen. Die Wahrscheinlichkeit, an einer RD zu erkranken, wurde mit einer binär logistischen Regressionsanalyse berechnet.

Ergebnisse: Von den insgesamt 420 Studienteilnehmern erkrankten 50,2% an einer RD. In der Gruppe der Erkrankten zeigten sich im Mittel signifikant höhere Skalenwerte für Depressivität (p=0,030), Neurotizismus (p=0,037) und Risikofreudigkeit (p=0,008), sowie signifikant niedrigere Skalenwerte für die Subskalen Optimismus und Selbstwirksamkeit (p=0,002 und p=0,007). Im binär logistischen Regressionsmodell zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer RD steigt, wenn der Skalenwert der Subskala Optimismus abnimmt (OR 0,54; 95% KI 0,35–0,83; p=0,004).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse sind ein erster Hinweis, dass psychische Faktoren, wie das Konstrukt Optimismus, einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer RD haben. Weiterhin sind Depressivität, Neurotizismus und Risikofreudigkeit mit dem Auftreten einer RD assoziiert.

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Donnerstag, 20. September 2012/15:00–16:30/Saal 8