Z Gastroenterol 2012; 50 - V36
DOI: 10.1055/s-0032-1323885

Prävalenz des Reizdarmsyndroms nach den Rom-III-Kriterien in Deutschland und Zusammenhänge mit potentiellen Risikofaktoren

P Wittkamp 1, V Andresen 2, W Broicher 1, 3, M Rose 1, 3, GD Burchard 1, 4, P Layer 2, B Löwe 1, 3 A Lohse 1, IBS-HH
  • 1UKE, Hamburg, Germany
  • 2Israelitisches Krankenhaus Hamburg, Hamburg, Germany
  • 3Schön Klinikum Eilbek, Hamburg, Germany
  • 4Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg, Germany

Einleitung: Die Ätiologie des Reizdarmsyndroms (RDS) ist nur unvollständig geklärt. Daher ist es es von besonderem Interesse, potentielle mit dem RDS assoziierte Risikofaktoren auszumachen und sich außerdem eine genauere Vorstellung von der Prävalenz zu verschaffen, bei der die Angaben üblicherweise in Abhängigkeit von Land, untersuchtem Kollektiv und den zugrunde liegenden Kriterien von 3%-30% variieren.

Aus Deutschland liegen zur Prävalenz bislang nur sehr wenige Daten vor (7,4%(Hungin, APS; 2002), 11,8%(Holtmann, G; 1994), 12,5%(Icks, A; 2002)) und noch keine auf Basis der Rom-III-Kriterien, die den aktuellen Standard in der symptombasierten Diagnose des RDS darstellen.

Ziele: Erhebung einer aktuellen Prävalenz des RDS in Deutschland auf Basis der Rom-III-Kriterien und die Ermittlung potentieller mit dem RDS assoziierter Risikofaktoren.

Methodik: 1467 Menschen wurden im Rahmen der tropenmedizinischen Impfsprechstunde kontaktiert und um Studienteilnahme gebeten. Zu Beginn erhielten sie einen Fragebogen mit den RDS-Rom-III-Kriterien und Fragen zu potentiellen somatischen und psychosozialen Risikofaktoren. Die Kohorte der Studienteilnehmer ist auch Teil einer anderen Studie, die prospektiv das Auftreten einer Reisediarrhö und eines postinfektiösen Reizdarmsyndroms bei gesunden erwachsenen Fernreisenden untersucht.

Ergebnisse: In einer Kohorte von 963 Erwachsenen (51,4% Frauen, mittleres Alter:38±18) lag die Rom-III-Prävalenz bei 14,7%. In der RDS-Gruppe waren im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant mehr Frauen (62,7% vs. 37,3%; p<0,004), gab es mehr zurückliegende psychologische Behandlungen (29,5% vs. 12,2%, p<0,001) und es fanden sich erhöhte Scores für Depressivität, Somatisierung, Neurotizismus, Hypochondrie, Angstneigung; alle p<0,01 bis p<0,001; Effektstärken zwischen 0,71 und 1,5).

Kein Zusammenhang fand sich zwischen RDS und dem Alter oder dem BMI.

Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse deuten auf eine Prävalenz des RDS nach Rom-III in Deutschland von ca. 15%. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen RDS und weiblichem Geschlecht sowie erhöhter psychischer Belastung. Ein möglicher Einfluss psychologischer Faktoren auf die Neuentstehung eines RDS bei zuvor Gesunden soll im Rahmen der Verlaufsbeobachtung dieser Kohorte noch näher untersucht werden.

Reizdarmsyndrom: Diagnose mit Herausforderungen
Freitag, 21. September 2012/12:00–13:30/Saal C