Z Gastroenterol 2012; 50 - V78
DOI: 10.1055/s-0032-1323927

NIPAC (Normotherme IntraPeritoneale Aerosol Chemotherapie) kann eine Tumorregression bei Peritonealkarzinose im Menschen induzieren

W Solaß 1, R Kerb 2, 3, R Borgstedt 4, C Förster 5, T Mürdter 2, 3, F Weissinger 6, A Tannapfel 1, J Zieren 7, M Schwab 2, 3, MA Reymond 7
  • 1Institut für Pathologie und Deutsches Mesotheliomregister, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Germany
  • 2Dr. Margarete-Fischer-Bosch Institute for Clinical Pharmacology, Stuttgart, Germany
  • 3Dept. of Clinical Pharmacology, University Hospital, Tuebingen, Germany
  • 4Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Ev. Krankenhaus Bielefeld, Bielefeld, Germany
  • 5Institut für Pathologie, Klinikum Hannover, Hannover, Germany
  • 6Klinik für Hämatologie und Onkologie, Ev. Krankenhaus Bielefeld, Bielefeld, Germany
  • 7Therapiezentrum für Peritonealkarzinose, Marienhospital Herne, Ruhr-Universität Bochum, Herne, Germany

Hintergrund: Zytoreduktive Chirurgie und hypertherme intraperitoneale Chemotherapie haben einen Stellenwert in der palliativen Therapie der Peritonealkarzinose (PC). Dieses Therapieverfahren hat Einschränkungen hinsichtlich der Penetration der Chemotherapie in das Gewebe, der Verteilung innerhalb der Abdominalhöhle, sowie teilweise schweren Nebenwirkungen. Unsere Gruppe entwickelte ein neues laparoskopisches Therapieverfahren bei dem Chemotherapeutika als Aerosol unter Druck in die geschlossene Abdominalhöhle verabreicht werden: die Normotherme IntraPeritonealen AerosolChemotherapie (NIPAC).

Methoden: Erstmalig wurden im Rahmen eines Heilversuches ein 45-jähriger Mann mit PC eines Appendixkarzinoms (Pat. 1) und ein 38- jähriger mit PC eines Magenkarzinoms (Pat. 2) mit NIPAC behandelt. Beide Patienten hatten einen ausgedehnten Dünndarmbefall. Beide Patienten waren im Endstadium ihrer Erkrankung, andere Therapiemöglichkeiten waren ausgeschöpft. Die NIPAC erfolgte mit Doxorubicin 1,5mg/m2 Körperoberfläche und Cisplatin mit 7,5mg/m2 (=10% der üblichen systemischen Dosis) für 30 Minuten bei einem intraabdominellen Druck von 12mmHg.

Ergebnisse: Beide Anwendungen wurden gut toleriert, mit Nebenwirkungen von Grad 1 bis 2 (moderates Fieber und abdominelle Schmerzen, leichte Lebertoxizität.). Beide Patienten wurden am vierten postoperativen Tag entlassen. Nach 4 Wochen erfolgte eine zweite NIPAC, bei der keine Adhärenzen gefunden wurden. Makroskopisch und histologisch zeigte sich eine Regression der PC bei Pat. 1 und bei Pat. 2 konnte keine PC mehr nachgewiesen werden. Nach 8 Wochen erfolgte bei Pat. 1 eine dritte NIPAC-Behandlung, bei der eine weitere Tumorregression verzeichnet werden konnte. Pat. 1 lebt nach 5 Monaten Follow-up, Pat. 2 ist nach 4 Monaten an multiplen Fernmetastasen gestorben, ohne Zeichen einer PC.

Zusammenfassung: Die NIPAC ist machbar, sicher und gutverträglich und das operative Trauma ist minimal. Es entwickeln sich keine Adhäsionen, so dass das Verfahren wiederholt angewendet werden kann. NIPAC kann zu einer Tumorregression bei PC führen, sogar in fortgeschrittenen Stadien. Die NIPAC könnte ein Durchbruch in der Prävention und der Therapie der PC sein. Weitere prospektive klinische Studien sind notwendig.

CAO-V: Palliative Eingriffe in der onkologischen Viszeralchirurgie
Donnerstag, 20. September 2012/10:30–12:00/Saal A